Möchten Sie Ihr Bauprojekt mit dem nachhaltigen Baustoff Holz realisieren und fragen sich, wie die Anforderungen an den Brandschutz im Holzbau zu erfüllen sind?

Der Brandschutznavigator unterstützt Sie bei Ihrem Vorhaben und hilft Ihnen, sich im komplexen bauordnungsrechtlichen Rahmen zurechtzufinden. Er bietet Ihnen einen klaren Überblick über die aktuellen bauordnungsrechtlichen Möglichkeiten und zeigt auf, wie Bauteile mit Anforderungen an den Feuerwiderstand in Holztafel- und Holzmassivbauweise umgesetzt werden können. Zudem erhalten Sie fundierte Informationen zu den notwendigen Nachweisen sowie praktische Hinweise zur reibungslosen Übereinstimmungsbestätigung nach erfolgreicher Bauausführung.

Mit dem Brandschutznavigator haben Sie ein verlässliches Werkzeug, um Ihre Holzbauprojekte sicher und regelkonform zu planen und umzusetzen.

Bauordnungsrechtliche Anforderungen für Bauteile im mehrgeschossigen Holzbau

Das deutsche Bauordnungsrecht ist für den täglichen Gebrauch im Planungs- und Bauprozess eine Herausforderung. Viele unterschiedliche Regeln, Vorschriften, Normen etc. sind für die Planung und den Bau von Bauwerken heranzuziehen. Oftmals sind die gegenseitigen Abhängigkeiten und unzähligen Verweise auf den ersten Blick nicht klar ersichtlich – das ändert sich nun.

Gebäudeklassen, MHOLZBAURL, Bauweisen, etc., wie hängt das alles zusammen?

Nachweisverfahren für Bauteile in der Gebäudeklasse 4 & 5

Nachweisverfahren für feuerhemmende Bauteile

Kein Bock auf Abweichungen?

Die Anleitung

Im nachfolgenden Text werden alle wichtigen Begrifflichkeiten, rechtlichen Rahmenbedingungen und gesetzlichen Vorgaben für das baurechtskonforme Planen und Bauen mit Holz erläutert. Hauptaugenmerk wird hierbei auf die bauordnungsrechtlichen Anforderungen bezogen auf den Brandschutz gelegt.

1. Einleitung

Eine Schwierigkeit für das Bauen mit Holz ist das deutsche Bauordnungsrecht, das für die am Bau Beteiligten einige Stolpersteine bietet. Auf den ersten Blick ist das Bauordnungsrecht ein wenig undurchsichtig und schwer zu verstehen. Eine Vielzahl von Begriffen, Gesetzestexten, Verordnungen und Vorschriften sind während der Planung und Bauausführung zu beachten. Befragt man Planer, Errichter und Anwender zum Bauen mit Holz, wird oftmals der Brandschutz als Hindernis benannt.

Abbildung 1 Das deutsche Baurecht gleicht einem Labyrinth.

Das aktuelle Bauordnungsrecht bietet unterschiedliche Möglichkeiten für die Verwendung von Holzbauteilen mit Anforderungen an den Feuerwiderstand. Dazu stehen nationale als auch europäische Verfahren als Nachweise über die Verwendbarkeit von Bauprodukten und Bauarten aus Holz zur Verfügung. Von zentraler Bedeutung ist die Kenntnis der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und den Feuerwiderstand von Bauteilen sowie die daraus resultierenden Leistungseigenschaften. Der Brandschutznavigator zeigt auf, wie Brandschutzanforderungen durch Holzbauteile baurechtskonform und holzbaugerecht geplant und umgesetzt werden können und welche Fachkenntnisse dazu notwendig sind.

2. Baurechts­konformes Planen

Das Bauordnungsrecht stellt einen Teilbereich des öffentlichen Baurechts dar. In Deutschland liegt das Bauordnungsrecht in der Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer. Alle Länder haben dementsprechend eigene Bauordnungen erlassen. Maßgebend für die Planung von Bauwerken sind die Anforderungen aus dem Bauordnungsrecht. Es regelt in erster Linie die Abwehr von Gefahren, die durch die Errichtung, den Bestand und die Nutzung von baulichen Anlagen ausgehen können. Die Musterbauordnung (MBO) [1] nennt folgendes allgemeines Schutzziel unter «§ 3 Allgemeine Anforderungen»:

„Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“

Speziell für den Brandschutz nennt die MBO folgendes Schutzziel unter «§ 14 Brandschutz»:

„Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“

Dazu definiert das Bauordnungsrecht die bautechnischen Anforderungen an Bauvorhaben. Weiter beschreibt es den Genehmigungsprozess einer baulichen Anlage und stellt die Gewährleistung sozialer Mindeststandards (z. B. Anforderungen an die Barrierefreiheit, Mindestraumhöhen, Belichtung) sicher.

Ziel des Bauens ist es, für den Menschen nutzbaren Raum zu schaffen. Der Bauherr hat den Wunsch, ein Bauwerk zu errichten. Für die Bauherren bzw. die Projektentwickler stehen gestalterische und funktionale Leistungsanforderungen im Vordergrund. Sie wollen ein Bauwerk nach den von ihnen vorgegebenen Leistungsanforderungen, meist ein möglichst schönes, kostengünstiges und vor allem, mit Blick auf die Rendite, die Nachfrage bedienendes Bauwerk.

Eigentlich müsste das Bauen von Bauwerken doch recht einfach sein. Der Bauherr wünscht sich ein Bauwerk und beauftragt für die Umsetzung Experten, meist einen Entwurfsverfasser, ggf. Fachplaner und einen oder mehrere Unternehmer. Die Experten planen und errichten das vom Bauherrn gewünschte Bauwerk nach dessen Leistungsanforderungen. Wie oben erklärt können durch die Errichtung und Nutzung von baulichen Anlagen Gefahren für die Gesellschaft entstehen. Deswegen müssen die vom Bauherr beauftragten Experten nicht nur die Wünsche der Bauherren erfüllen, sondern das Bauwerk auch unter Berücksichtigung der öffentlichrechtlichen Anforderungen planen und bauen, vgl. Abbildung 2.

 

Abbildung 2 Einflüsse auf den Planungsprozess

Aus Sicht des Gesetzgebers ist es notwendig, einen sicherheitsrelevanten Mindeststandard für bauliche Anlagen zu definieren, da der marktwirtschaftliche Wettbewerb von Planungs- und Bauleistung nicht auf Kosten der Sicherheit geführt werden darf. Der Gesetzgeber regelt den sicherheitsrelevanten Mindeststandard.

Es wäre einerseits natürlich möglich, wesentlich schneller und kostengünstiger zu bauen, wenn gewisse Vorgaben nicht berücksichtigt werden. Es würden dafür aber unkalkulierbare Einbußen auf Seiten des Sicherheitsniveaus entstehen, welche zu Tragwerksversagen oder Brandkatastrophen führen könnten. Anderseits ist es jedoch genauso möglich, die Anforderungen aus den Vorschriften zu übertreffen und noch viel sicherere Gebäude zu bauen. Dies würde jedoch einen hohen finanziellen Aufwand bedeuten, der aus Sicht des Gesetzgebers nicht zumutbar ist.

Die gesellschaftlichen Mindeststandards, die in der Bauordnung definiert sind, zielen größtenteils auf Vorgaben in Bezug auf den Brandschutz und die Standsicherheit (Tragwerk) ab. Darüber hinaus muss die Verkehrssicherheit (Zugangsmöglichkeiten, Erschließung, Flure, Treppenräume etc.) gegeben sein. Zusätzlich werden auch gesellschaftliche Forderungen, wie beispielsweise die Barrierefreiheit oder die Zugänglichkeit, geregelt. Im Rahmen der Anleitung zum Brandschutznavigator werden nur die bautechnischen Anforderungen, insbesondere den Brandschutz betreffend, genauer beleuchtet. Gestalterische und gesellschaftliche Anforderungen sind nicht Bestandteil dieses Beitrags.

3. Planungs- und Bau­beteiligte

Wer Planungs- oder Bauleistungen anbieten möchte, muss dafür Sorge tragen, dass die öffentlich-rechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Dies gilt für das Bauen mit Holz genauso wie für das Bauen mit anderen Baustoffen. Die Musterbauordnung [1] beschreibt in «§ 54 Entwurfsverfasser» und «§ 55 Unternehmer» detailliert die Anforderungen an den Entwurfsverfasser und den Unternehmer.

Die Rolle des Planungsteams:

Das Planungsteam muss also über die notwenigen Fachkenntnisse für das baurechtskonforme Planen und Bauen mit Holz verfügen. Dies bedingt ein vertieftes bauordnungsrechtliches Wissen über die Anwendbarkeit von Bauteilen, deren Nachweismöglichkeiten und die werkstoffbezogenen baukonstruktiven Grundsätze. Weiter benötigt das Planungsteam ein vertieftes Verständnis der Vorfertigungsmöglichkeiten im Holzbau, da sich diese auf den Entwurf und die Konstruktion
wesentlich auswirken. Als Ergebnis der Planungsphase muss eine holzbaugerechte und bauordnungsrechtlich abgesicherte (genehmigungsfähige) Planung vorliegen.
Auf Basis der holzbaugerechten Planung wird eine Ausschreibung erstellt, anschließend werden die Bauleistungen an einen oder mehrere Unternehmer vergeben.

Die Rolle des Holzbauunternehmers:

Das Holzbauunternehmen ist für die ordnungsgemäße Ausführung der Planung zuständig. Für die Realisierung von Holzbauten, vor allem von mehrgeschossigen Holzbauten, sollte sich das Holzbauunternehmen drei wesentliche Fragen stellen:

  • Welche Bauteile (Wände, Decken etc.) können in meinem Unternehmen mit welchen Leistungseigenschaften (Feuerwiderstand) gefertigt werden?
  • Welche betrieblichen Voraussetzungen muss mein Unternehmen dafür erfüllen (z. B. ÜZ - Übereinstimmungszertifikat)?
  • Sind mir die bauordnungsrelevanten Abläufe in Abhängigkeit der Gebäudeklasse und die Auswirkungen auf die durch mein Unternehmen angebotenen Bauteile bekannt?

Sind die Fragen geklärt, kann das Holzbauunternehmen auf dem Markt erfolgreich anbieten.

4. Regeln

Wir leben in einer normierten Welt, und wir Deutschen lieben Regeln. Das schafft einerseits Rechtssicherheit und Verlässlichkeit in den Beziehungen zwischen Geschäftspartnern, konfrontiert andererseits aber jeden Einzelnen immer wieder mit einer großen Menge an einzuhaltenden Anforderungen. Dennoch sind Regeln notwendig, vor allem Regeln, die die Sicherheit der späteren Nutzer gewährleisten – sozusagen ausschließen, dass einem die Decke auf den Kopf fällt. Grundsätzlich betrachtet gibt es keine Gesellschaft ohne Regeln und Gesetze, denn sie sind Bedingungen kulturellen Fortschritts. Das Gegenteil wäre Chaos. Gerade im Bausektor sorgen Regeln dafür, dass das gesellschaftlich notwendige und durch den Gesetzgeber definierte Sicherheitsniveau erfüllt wird. Ohne Regeln wäre es insbesondere im Bauwesen unmöglich, ein ausreichendes Sicherheitsniveau einzuhalten. Es entstände ein reiner Preiskampf auf Kosten der Sicherheit der Nutzer unserer Gebäude.

Regeln und Gesetze schaffen

  • Sicherheit für Nutzer und Rettungskräfte (z. B. Feuerwehr).
  • Planungssicherheit, denn wir wissen durch vordefinierte Begriffe und  Anforderungen in gleicher „Fachsprache“, welche Anforderungen wir  erfüllen müssen. Dies schafft eine klare Ausgangslage, denn alle Beteiligten sprechen ohne immer wiederkehrende langwierige Festlegungen von den gleichen geregelten Sachverhalten.
  • Nachweisbarkeit und Rechtssicherheit bei Haftungsfragen, da wir bestätigen können, dass wir nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet bzw. gebaut haben.

Die Anforderungen an ein Gebäude werden durch die jeweilige Landesbauordnung und die im jeweiligen Land gültigen Sonderbauvorschriften definiert. Darüber hinaus entscheidet jedes Bundesland eigenständig über die bauordnungsrechtliche Verbindlichkeit von Richtlinien und Normen als sogenannte „Eingeführte Technische Baubestimmungen“.

5. Bauordnung

Die Bauordnung stellt u. a. Anforderungen an das Brandverhalten der Baustoffe und die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen in Abhängigkeit der fünf Gebäudeklassen [1].

Gebäudeklassen definieren Kategorien von Gebäuden in Abhängigkeit der Höhe (Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist), der Brutto-Grundfläche, der Nutzung und der Bebauungsform (freistehend oder nicht freistehend). Die Gebäudeklassen stehen im Zusammenhang mit den baulichen Ansprüchen an die Rettungswegführung und den technischen Möglichkeiten der Feuerwehr hinsichtlich der Personenrettung und Brandbekämpfung.

Zusätzlich zu der Einstufung eines Gebäudes in eine der fünf Gebäudeklassen ist es auch notwendig, einen sogenannten Sonderbautatbestand eines Gebäudes zu prüfen. Einen Sonderbau stellt beispielsweise ein Gebäude mit besonderer Gefährdung der Nutzer dar, da diese u. a. körperlich eingeschränkt (z. B. Krankenhaus, Seniorenresidenz) sind, eine hohe Nutzeranzahl (z. B. Fußballstadion) oder eine besondere Lage für die Feuerwehr auf Grund schwieriger Anmarschzeiten oder Erreichbarkeiten (z. B. Hochhaus) haben. In «§ 2 der MBO» werden die Sonderbautatbestände für bauliche Anlagen aufgeführt. Die Gebäudeklasse ist jedoch unabhängig vom Sonderbautatbestand. So kann ein freistehendes Gebäude durchaus Gebäudeklasse 1 sein, wenn es jedoch als Kindergarten genutzt wird, u. U. auch einen Sonderbautatbestand erfüllen.

Baustoffe werden nach den Anforderungen an ihr Brandverhalten unterschieden in:

  • nichtbrennbar,
  • schwerentflammbar,
  • normalentflammbar.

Bauteile werden nach den Anforderungen an ihre Feuerwiderstandsfähigkeit unterschieden in:

  • feuerbeständig,
  • hochfeuerhemmend,
  • feuerhemmend.

Die Mindestanforderungen aus den Bauordnungen regeln insbesondere, aus welchen Baustoffen Bauteile mit einer Feuerwiderstandsfähigkeit bestehen dürfen.

Feuerhemmende Bauteile können sowohl aus brennbaren als auch aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die Verwendung von Holz und Holzwerkstoffen ist daher uneingeschränkt möglich.

Hochfeuerhemmende Bauteile können aus nichtbrennbaren Baustoffen oder aus brennbaren Baustoffen mit allseitig brandschutztechnisch wirksamer Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen (Brandschutzbekleidung) und nichtbrennbaren Dämmstoffen bestehen.

Feuerbeständige Bauteile bestehen, sofern sie tragend oder aussteifend sind, aus nichtbrennbaren Baustoffen. Bei raumabschließenden Bauteilen muss eine durchgehende Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen vorhanden sein. Durchgängige (reine) Holzkonstruktionen können daher nie „feuerbeständig“ sein.

Es existiert jedoch eine Ausnahme für Bauteile aus brennbaren Baustoffen, also aus Holz. In «§ 26 Abs. 2 Satz 4 der MBO» wird ausgeführt, dass – abweichend von den zuvor genannten Definitionen – Bauteile, die feuerbeständig oder hochfeuerhemmend sein müssen, aus brennbaren Baustoffen zulässig sind, sofern sie den Technischen Baubestimmungen nach «§ 85a MBO» entsprechen. Ein weiterer Satz stellt darüber hinaus klar, dass dies nicht für Brandwände (Gebäudeklasse 5) nach «§ 30 Abs. 3 Satz 1 MBO» und Treppenraumwände (Gebäudeklasse 5) nach «§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1» gilt.

Was heißt das nun? Auch wenn zuvor definiert wurde, dass Bauteile, die feuerbeständig und hochfeuerhemmend sind, nicht einfach aus brennbaren Baustoffen (Holz) bestehen dürfen, ist dies dennoch zulässig, solange sie den Technischen Baubestimmungen entsprechen und es sich nicht um eine Brandwand oder Treppenraumwand in der Gebäudeklasse 5 handelt.

Die Betonung liegt hier jedoch auf dem entscheidenden Wort abweichend. Folglich wurden die Begriffe hochfeuerhemmend und feuerbeständig im Rahmen der Abänderungen für den mehrgeschossigen Holzbau nicht verändert.

Betrachtet man die konkreten Formulierungen in den 16 Bundesländern, so lässt sich feststellen, dass der Großteil die zuvor genannte Formulierung der MBO gleichlautend übernimmt und direkt auf eine Technische Baubestimmung verweist. Bei dieser Baubestimmung handelt es sich um die MHolzBauRL.

Es gibt jedoch auch Bundesländer, die nicht explizit auf eine Technische Baubestimmung verweisen, sondern stattdessen Leistungseigenschaften fordern, wie den Nachweis der Standsicherheit, den Raumabschluss oder die Ausführung der Anschlüsse mit ausreichender Widerstandsfähigkeit gegen Brandausbreitung. Dies betrifft BadenWürttemberg, Berlin, Niedersachsen und Sachsen, die damit zusätzliche Schutzziele vorgeben, die erfüllt werden müssen. Letztlich ist jedoch auch hier der gängige Weg, dass durch die Einhaltung der eingeführten Technischen Baubestimmung (MHolzBauRL) diese Leistungsanforderungen automatisch erfüllt werden und keine komplizierten Einzelnachweise geführt werden müssen.

Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass Baden-Württemberg und Sachsen die Ausführung von Brand- und Treppenraumwänden in der Gebäudeklasse 5 nicht ausschließen.

Eine Besonderheit stellt Hamburg mit seiner Formulierung dar, die aktuell darauf schließen lässt, dass trotz der Einführung der technischen Baubestimmung Holzbaurichtlinie der Holztafelbau in der Gebäudeklasse 5 mit Stand August 2025 noch eine Abweichung darstellen dürfte.

Die genauen Formulierungen sind in Tabelle 1 (Seite 17) dargestellt.

Eine konkrete Definition der Feuerwiderstandsfähigkeit anhand exakter Leistungseigenschaften erfolgt in der Bauordnung nicht. Die Bauordnung benennt nur die zuvor aufgeführten Anforderungen an die Baustoffe klassifizierter Bauteile. Ziel war und ist es, in der Bauordnung klare Anforderungen in Form von Begriffen zu verwenden, die das bauordnungsrechtliche Schutzziel definieren, und eine exakte Definition dieser Begriffe in einem separaten Dokument vorzunehmen, das die konkreten Leistungseigenschaften unabhängig von der Bauordnung regelt.

Mit steigender Gebäudeklasse müssen Bauteile in der Regel leistungsfähiger bzw. robuster werden; gleichzeitig steigen auch die Anforderungen an Baustoffe in Bezug auf deren Brennbarkeit.

Tabelle 1 Übersicht der einzelnen Formulierungen in den 16 Landesbauordnungen für Bauteile aus brennbaren Baustoffen [Stand August 2025]

 

6. Feuerwiderstand

Der Feuerwiderstand von Bauteilen (Wänden, Decken etc.) wird durch drei Eigenschaften charakterisiert: die Tragfähigkeit, den Raumabschluss und die Wärmedämmung. In Abbildung 3 sind die einzelnen Eigenschaften definiert.

Abbildung 3 Definition der Begriffe Tragfähigkeit, Raumabschluss und Wärmedämmung für den Feuerwiderstand

Der Feuerwiderstand bzw. die Feuerwiderstandsdauer kann in Deutschland über die DIN 4102-2 [2] bzw. die DIN EN 13501-2 [3] klassifiziert werden.

DIN 4102-2

Die DIN 4102-2 [2] definiert die Feuerwiderstandsdauer über die Mindestdauer in Minuten, während der ein Bauteil gewisse vordefinierte Prüfungen inkl. dort gestellter Anforderungskriterien, die sich durch den Anwendungsbereich des Bauteils selber ergeben, erfüllt.

Die Feuerwiderstandsfähigkeit wird gemäß DIN 4102-2 mit dem Buchstaben F und einer im Anschluss folgenden Zahl definiert. Abbildung 4 stellt die möglichen Feuerwiderstandsklassen der DIN 4102-2 dar:

Abbildung 4 Feuerwiderstandsklassen F nach DIN 4102-2

Mit der DIN 4102-2 kann neben der Feuerwiderstandsdauer auch die Baustoffklasse nach DIN 4102-1 [4] klassifiziert werden, also das Brandverhalten der Baustoffe.
So ist beispielsweise ein F 90-A Bauteil folglich ein Bauteil mit einer Feuerwiderstandsdauer von ≥ 90 min und aus nichtbrennbaren Baustoffen.

Des Weiteren existieren zusätzliche Klassifizierungen zur Beschreibung weiterer oder abweichender Anforderungen, beispielsweise F 90-A + mechanischer Stoß oder W 30 für eine nichtragende Außenwand (W = abgeminderte Brandbeanspruchung bei der Prüfung durch die Außenbrandkurve).

Bei der Klassifizierung nach DIN 4102-2 kann durch die Feuerwiderstandsklasse, z. B. F 30-B, anders als beim europäischen System nicht sofort auf die tatsächliche Leistungseigenschaft des Bauteils in Bezug auf Tragfähigkeit, Raumabschluss und Wärmedämmung geschlossen werden. Die Leistungseigenschaft ergibt sich durch den Einsatzbereich des Bauteils. So muss beispielsweise eine nichtragende Trockenbauwand mit Anforderung an eine Feuerwiderstandsdauer Anforderungen an den Raumabschluss und die Wärmedämmung gemäß Abbildung 3 erfüllen. Anforderungen an die Tragfähigkeit bedarf es, bis auf das Eigengewicht des Bauteils, indes nicht.

DIN EN 13501-2

Die DIN EN 13501-2 [3] definiert die Feuerwiderstandsdauer durch Feststellung der charakteristischen Eigenschaften zur Tragfähigkeit und/oder zum Raumabschluss und/oder zur Wärmedämmung. Anders als bei der Klassifizierung nach DIN EN 4102-2 kann europäisch die jeweilige Leistungseigenschaft in der Klassifizierung benannt werden:

  •     R (Résistance) > Tragfähigkeit
  •     E (Étanchéité) > Raumabschluss
  •     I (Isolation) > Hitzebarriere / Wärmedämmung (unter Brandeinfluss)

Die Klassifizierung der Feuerwiderstandsdauer erfolgt daher wie in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5 Klassifizierung der Feuerwiderstandsdauer nach DIN EN 13501-2

Die europäische Klassifizierung der Feuerwiderstandsfähigkeit DIN EN 13501-2 von Bauteilen berücksichtigt das Brandverhalten der Baustoffe im Gegensatz zur deutschen Klassifizierung DIN 4102-2 nicht. Das Brandverhalten der Baustoffe wird deshalb nach DIN EN 13501-1 [5] bestimmt und muss zusätzlich angegeben werden.

Beispielsweise muss eine feuerhemmende nichttragende raumabschließende Trockenbauwand demnach über die Klassifizierung EI 30 verfügen.

Fazit

Beide Verfahren der Klassifizierung, die DIN 4102-2 und die DIN EN 13501-2, können in Deutschland angetroffen werden.

Der Klassifizierung liegen Brandprüfungen an Bauteilen zu Grunde. So werden Bauteile in Brandöfen geprüft, um deren Feuerwiderstandsdauer mit den entsprechenden Leistungseigenschaften beweisen zu können. Die Unterschiede bei den Prüfverfahren nach DIN 4102-2 und nach DIN EN 13501-2 sind marginal, und es existieren nur in einzelnen speziellen Fällen Abweichungen.

Ein Bauteil kann folglich nur klassifiziert werden, wenn eine entsprechende Prüfung vorliegt, die zu einem Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweis führt (Kapitel 9).

Technischen Regeln, die die Klassifizierung von vordefinierten Bauteilen ohne erneute Brandprüfungen zulassen, liegen in der Regel ebenfalls Brandprüfungen (Beweisprüfungen) zu Grunde (Kapitel 9). Wichtig zu merken ist, dass den Feuerwiderstand immer das gesamte Bauteil inkl. Tragkonstruktion, Dämmung, Unterkonstruktion und Bekleidungen erfüllt. Wird ein Bauteil mit entsprechenden Parametern geprüft, dürfen diese später nicht einfach verändert oder ausgetauscht werden. Eine Veränderung der Dämmung oder der Ständerabstände ist beispielsweise unzulässig.

Nicht einzelne Platten oder Baustoffe
erfüllen den Feuerwiderstand, sondern
immer das gesamte geprüfte Bauteil mit
allen Leistungseigenschaften. Es gibt
keine „F30-Platte“, sondern immer nur
den zugehörigen Bauteilaufbau.

7. Übersetzung der Bau­ordnung in konkrete technische Anforder­ungen

Die Konkretisierung der bauordnungsrechtlichen Begrifflichkeiten für die Feuerwiderstandsfähigkeit erfolgt in der jeweils landesspezifischen Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen.

Vor Einführung der landesspezifischen Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen regelte die zentral vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) geführte Bauregelliste (BRL) bundesweit den Umgang mit Bauprodukten und Bauarten. Nach dem EuGH-Urteil vom 16.10.2014, das zusätzliche nationale Anforderungen an harmonisierte europäische Bauprodukte untersagte, wurden Anpassungen vorgenommen, und 2018 erschien die MusterVerwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB).

Die MVV TB gilt wie die MBO als Muster und wird von jedem Bundesland als eigene VV TB umgesetzt – es existieren daher 16 landesspezifische Fassungen. Darüber hinaus enthält sie auch konkrete Bauteil- und Bauwerksanforderungen und fasst die zuvor separat in den einzelnen Bundesländern geführten Listen eingeführter Technischer Baubestimmungen zusammen. Damit stellt sie eine vereinheitlichte Nachfolge der BRL und der bisherigen landesspezifischen Listen dar.

Im Anhang 4 „Bauaufsichtliche Anforderungen, Zuordnung der Klassen, Verwendung von Bauprodukten, Anwendung von Bauarten“ der MVV TB [6] werden die Anforderungen, sprich die Begrifflichkeiten, aus der Musterbauordnung an das Brandverhalten der Baustoffe und die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen in konkrete Anforderungen übersetzt. Dieses Vorgehen erfolgt in den Ländern gleichlautend dem Muster.

Das heißt, hier werden die bauordnungsrechtlichen Begrifflichkeiten konkret in Zahlenwerte wie eine Feuerwiderstandsdauer von X Minuten übersetzt, z. B. 30 Minuten für feuerhemmend. Darüber hinaus werden die weiteren Anforderungen wie nichtbrennbare Brandschutzbekleidung, die Schutzzeit der Brandschutzbekleidung oder die Notwendigkeit einer nichtbrennbaren Dämmung aufgeführt. Das heißt, die Begriffe der MBO und die weiteren Festlegungen der Technischen Regeln wie der Muster-Holzbaurichtlinie oder der Hochhausrichtlinie für die Bauteile werden hier in konkrete Leistungsanforderungen übersetzt.

8. Bauprodukt vs. Bauart

Das deutsche Bauordnungsrecht differenziert zwischen Bauprodukten und Bauarten, daher ist es wichtig, diese Begriffe richtig zu verwenden. Das Bauprodukt existiert sowohl europäisch als auch national in Deutschland. Zusätzlich existiert europäisch der sogenannte Bausatz als Bauprodukt. Die Bauart ist dagegen eine rein nationale Definition. Aufgrund eines Gerichtsurteils des EuGH vom 16.10.2014 (Kapitel 7) wurde in der aktuell gültigen MBO [1] wesentlich auf die Trennung von bauwerksbezogenen zu produktbezogenen Anforderungen Wert gelegt.


Was ist ein Bauprodukt?

Unter Bauprodukten sind Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze zu verstehen, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden, oder aus Produkten, Baustoffen, Bauteilen sowie Bausätzen vorgefertigte Anlagen, die in einem Werk hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden, wie beispielsweise Fertighäuser, Fertiggaragen, vorgefertigte Holztafelbauwände, Brettschichtholzbalken oder Silos.

Mit Bausatz ist ein Bauprodukt gemeint, das von einem einzigen Hersteller als Satz von mindestens zwei getrennten Komponenten, die zusammengefügt werden müssen, um ins Bauwerk eingefügt zu werden, in Verkehr gebracht wird [1].


Was ist eine Bauart?

Eine Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen auf der Baustelle, wie beispielsweise eine auf der Baustelle errichtete Trockenbauwand oder Mauerwerkswand.


Diese beiden Definitionen sind zum Verständnis für die nachfolgenden Kapitel unerlässlich.

9. Regelungen zur Ver­wendung und Anwendung von Bau­produkten und Bauarten

9.1 Allgemeines

In Deutschland ergeben sich gemäß Musterbauordnung (MBO) für Bauarten und Bauprodukte unterschiedliche Wege, die die Verwendung (Bauprodukte) und Anwendung (Bauarten) regeln und ermöglichen. Abbildung 6 stellt diese verschiedenen Möglichkeiten dar. In den nachfolgenden Kapiteln werden die einzelnen Begriffe dieses Schaubildes genauer definiert und die daraus entstehenden Anforderungen und Möglichkeiten dargestellt.

Abbildung 6 Übersicht über die Nachweise der Verwendbarkeit

9.2 Bauprodukte: Verwendbarkeitsnachweise

Damit Bauprodukte im Bauwesen eingesetzt werden dürfen, muss ihre Verwendbarkeit nachgewiesen sein. Je nach Regelungsstand – also ob es allgemein anerkannte technische Regeln gibt oder nicht – stehen unterschiedliche Nachweisarten zur Verfügung:

Bauprodukt – Verwendbarkeitsnachweis

  •     Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

  •     Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

  •     Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall (ZiE)

  •     Leistungserklärung (DoP)

Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

Ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis ist ein Verwendbarkeitsnachweis für ein Bauprodukt, wenn es nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden kann. Die Möglichkeit eines einheitlichen Prüfverfahrens bildet den Grundsatz für ein abP: Immer wenn Produkt, Prüfverfahren und Leistungseigenschaften eindeutig festgelegt sind, kann die Beurteilung nach einem klaren Schema erfolgen – vergleichbar mit einer Checkliste, die Punkt für Punkt abgearbeitet wird. Beispiel: In den Normen DIN EN 1364-1 in Verbindung mit DIN EN 1363-1 werden für nichttragende Wände Prüfstand, Ausführung des Prüfkörpers und die genauen Leistungskriterien (Raumabschluss und Wärmedämmung) definiert.

Rechtsgrundlage: MVV TB, Teil C 3: „Bauprodukte, die nur eines allgemeinen bau-aufsichtlichen Prüfzeugnisses nach «§ 19 Absatz 1 Satz 2 MBO» bedürfen“

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen werden für Bauprodukte im Anwendungsbereich der Landesbauordnungen erteilt, für die es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere DIN-Normen, gibt oder die wesentlich von diesen abweichen. Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen werden für alle Bundesländer zentral durch das Deutsche Institut für Bautechnik erteilt.

Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall (ZiE)

Der Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten kann im Einzelfall mit Zustimmung der obersten Bauaufsichtsbehörde für Bauprodukte erfolgen, für die es keine Technische Baubestimmung und keine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt oder die wesentlich von einer Technischen Baubestimmung abweichen.
Der Verwendbarkeitsnachweis gilt jedoch nur für ein spezifisches Bauvorhaben.

Leistungserklärung (DoP)

Die Bauproduktenverordnung der Europäischen Gemeinschaft sieht eine sogenannte Declaration of Performance (DoP) oder auf Deutsch Leistungserklärung vor. Mit Hilfe dieser Leistungserklärung bringt der Hersteller zum Ausdruck, dass die Eigenschaften der gelieferten Produkte der erklärten Leistung entsprechen. Auf Basis dieser Leistungserklärung nimmt der Hersteller eine CE-Kennzeichnung (frz. „Communautés européennes“) seiner Produkte vor.

Der Weg zur CE-Kennzeichnung führt über eine harmonisierte europäische Norm (hEN), oder eine Europäische Technische Bewertung (ETA) auf Grundlage von Europäischen Bewertungsdokumenten (European Assessment Document, EAD).

Abbildung 7 Harmonisierte europäische Norm (hEN) und Europäische Technische Bewertung (ETA)

Wichtig ist, dass die Bauwerksanforderungen der Musterbauordnung bzw. der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen beachtet werden müssen. Nur wenn diese durch die Bauprodukte erfüllt werden, dürfen sie zum Einsatz gebracht werden.

Die Gremien der deutschen Bauministerkonferenz der Länder haben festgestellt, dass teilweise Verfahren und Kriterien für die Bewertung der Leistungen von Bauprodukten in Bezug auf ihre „wesentlichen Merkmale“ in den harmonisierten europäischen Produktnormen (hEN) fehlen. Diese Merkmale sind jedoch zur Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke in Deutschland notwendig. Die „Prioritätenliste – Ausgewählte verwendungsspezifische Leistungsanforderungen zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen“ [9] des DIBT führt diese fehlenden Merkmale auf. Diese Liste ist für Planer und Bauherren relevant, die darauf achten müssen, dass die jeweiligen Anforderungsdokumente bereits bei der Ausschreibung für das jeweilige harmonisierte Bauprodukt die Merkmale fordern, die zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen notwendig sind. Weiter ist sie für Hersteller von Bauprodukten relevant, um festzustellen, welche zusätzlichen Merkmale bzw. Leistungen erklärt werden müssen, um das Produkt in Deutschland uneingeschränkt vertreiben zu können.

 

9.3 Bauarten: Anwendbarkeitsnachweise

Auch für Bauarten ist ein Nachweis erforderlich, dass die gewählte Konstruktion die bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllt. Abhängig davon, ob allgemein anerkannte Regeln der Technik bestehen oder nicht, werden hierfür unterschiedliche Arten von Anwendbarkeitsnachweisen herangezogen:

Bauart – Anwendbarkeitsnachweis

  • Allgemeine Bauartgenehmigung (aBG)

  • Vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG)

  • Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

Allgemeine Bauartgenehmigung (aBG)

Allgemeine Bauartgenehmigungen sind das Pendant zu allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für Bauarten. Eine Bauart kann zukünftig keine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung mehr besitzen, sondern erhält eine allgemeine Bauartgenehmigung. Allgemeine Bauartgenehmigungen werden gleichlautend für Bauarten, für die es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt oder die wesentlich von diesen abweichen, erteilt. Allgemeine Bauartgenehmigungen werden für alle Bundesländer ebenfalls zentral durch das Deutsche Institut für Bautechnik erteilt.

Vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG)

Die vorhabenbezogene Bauartgenehmigung ist für Bauarten auch hier das Pendant zum Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall für Bauprodukte. Es gelten die gleichen Rahmenbedingungen, jedoch handelt es sich um eine Bauart anstelle eines Bauproduktes.

Der Anwendbarkeitsnachweis gilt auch hier nur für ein spezifisches Bauvorhaben.

Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

Ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis ist ein Anwendbarkeitsnachweis für eine Bauart, wenn auch hier ein allgemein anerkanntes Prüfverfahren für den Anwendungsfall vorliegt (siehe zuvor Bauprodukt).
Voraussetzung ist, dass Bauart, Prüfverfahren und maßgebliche Leistungskriterien eindeutig festgelegt sind und nach einem standardisierten Schema geprüft werden können – ähnlich der Hauptuntersuchung beim Auto, die in festen Intervallen nach einem einheitlichen Prüfplan durchgeführt wird.

Rechtsgrundlage: MVV TB, Teil C 4: „Bauarten, die nur eines allgemeinen bauauf-sichtlichen Prüfzeugnisses nach «§ 16a Absatz 3 MBO» bedürfen“

 

9.4 Bauprodukt & Bauart – auch das gibt es

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung kombiniert mit allgemeiner Bauartge-nehmigung

Eine Kombination aus bauaufsichtlicher Zulassung und Bauartgenehmigung ist notwendig, um die Ver und Anwendung korrekt gemeinsam zu regeln. Es wird eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für das Bauprodukt erteilt, die zugleich eine Bauartgenehmigung umfasst. Ein Beispiel hierfür ist die Absperrvorrichtung gegen Feuer und Rauch in Lüftungsleitungen entsprechend DIN 18017-3 [8]. Die Absperrvorrichtungen werden als Bauprodukt geliefert und vor Ort als Bauart in die Lüftungsleitung eingebaut.

 

9.5 Technische Baubestimmungen

Jedes Bundesland entscheidet eigenständig über die bauordnungsrechtliche Verbindlichkeit von Normen und Richtlinien als sogenannte „Eingeführte Technische Baubestimmungen“. Daher können die konkret verbindlichen technischen Regeln in den einzelnen Bundesländern variieren.

Beispiel: Nordrhein-Westfalen und Thüringen haben jeweils eine eigene Schulbaurichtlinie (SchulBauR) eingeführt, während es in den meisten anderen Bundesländern keine entsprechende Richtlinie gibt.

Es ist folglich vor der Anwendung einer technischen Regel zwingend zu prüfen, welche Vorgaben in den jeweiligen Bundesländern verbindlich zu beachten sind.
Die technischen Regeln sind in der landespezifischen Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) zu finden.

Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise (MHolzBauRL) [10]

Zum Zeitpunkt der Erstellung liegt die MHolzBauRL in der Fassung vom 24. September 2024 bzw. die Ausgabe 2 vom 12. Mai 2025 vor und ist damit die aktuelle Grundlage. In einigen Bundesländern ist zwar noch die Vorgängerversion als Technische Baubestimmung eingeführt, technisch maßgeblich ist jedoch die neue Fassung, da sie die weiterentwickelte Regelung darstellt und davon auszugehen ist, dass die verbleibenden Länder sie zeitnah in ihre Technischen Baubestimmungen übernehmen.

Diese Richtlinie regelt hochfeuerhemmende Bauteile sowie abweichend hochfeuerhemmende und abweichend feuerbeständige Bauteile aus brennbaren Baustoffen. Feuerwiderstandsfähige Bauteile sind dabei mit brandschutztechnisch wirksamer Bekleidung nach «Abschnitt 3.4 der MHolzBauRL» und – soweit erforderlich – mit nichtbrennbaren Dämmstoffen nach «Abschnitt 3.3 der MHolzBauRL» auszuführen.

Diese Richtlinie beschreibt u. a.:

  • Bauteile in Holztafelbauweise und Massivholzbauweise in den Gebäudeklas-sen 4 und 5 und Wände anstelle von Brandwänden in der Gebäudeklasse 3,
  • Fugen zwischen Elementen und Anschlüsse von Bauteilen,
  • Anforderungen an Öffnungen (Türen, Fenster, Einbauten, Durchführungen),
  • Installationen in Holzbauteilen,
  • Nachweisführung zur Feuerwiderstandsdauer und zu Brandschutzbekleidungen,
  • Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen (Holzfassade in den Gebäudeklassen 4 & 5) inkl. Maßnahmen zur Begrenzung der Brandausbreitung bei hinterlüfteten Holzaußenwandbekleidungen (z. B. Brandsperren, Lüftungsspalt).

Bauteile und Bauarten, die von dieser Richtlinie erfasst sind, bedürfen keiner weiteren Anwendbarkeitsnachweise.

Die Anwendung ist beschränkt auf Gebäude mit brandschutztechnisch abgetrennten Räumen oder Raumgruppen bis maximal 400 m². Eine brandschutztechnische Abtrennung kann z. B. durch Trennwände oder notwendige Flure erfolgen. Für Sonderbauten ist die Richtlinie nur anwendbar, wenn eine Nutzung durch selbstrettungsfähige Personen vorgesehen ist.

Nicht anwendbar ist die Richtlinie für Bauteile in Kellergeschossen sowie in unterirdischen Mittel- und Großgaragen.

Feuerhemmende Bauteile in der Gebäudeklasse 3 sowie nichttragende Außenwände in den Gebäudeklassen 4 und 5, die raumabschließend feuerhemmend auszuführen sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie; ihre Ausführung richtet sich ausschließlich nach den Vorgaben der MBO.

DIN 4102-4 Stand 2016 [11] und Stand 2025 [12]

Die DIN 4102-4 bzw. deren Vorgängerdokumente existieren bereits seit 1934. Sie kann als die „deutsche Brandschutznorm“ bezeichnet werden. Sie klassifiziert Baustoffe und Bauteile  auf der Grundlage von Prüfnormen. Die Norm enthält somit den Nachweis des Brandverhaltens bzw. der Feuerwiderstandsfähigkeit und legt die Anwendungs und Ausführungsregelungen für Bauteile fest.

Der Norm kann beispielsweise entnommen werden, wie sich eine Holztafelbauwand mit einem Feuerwiderstand von 30 Minuten zusammensetzen lässt. So lassen sich aus Tabellen die erforderlichen Bauteilaufbauten mit Angaben zu Ständerabmessungen, Plattendicke und Materialarten entnehmen. Ebenso finden sich Varianten für Wand-Wand- oder Wand-Decken-Anschlüsse. In der Regel wurden für die in der Norm geregelten Aufbauten Belegbrandversuche durchgeführt. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass die Tabellen die Baustoffe und Bauteile produktneutral beschreiben, sodass keine Bindung an einzelne Hersteller erforderlich ist.

Die DIN 4102-4:2016-05 gilt aktuell (Stand September 2025) noch in allen 16 Bun-desländern als Technische Baubestimmung. Diese Fassung weist auch einige Regelungen für den Holzbau auf, allerdings hauptsächlich für Holztafelbauwände und Holzbalkendecken. Zum modernen Massivholzbau enthält sie keine Angaben, und auch die Holztafelbaukonstruktionen eignen sich vielfach nicht für das mehrgeschossige Bauen in höheren Gebäudeklassen (F 90), da die hohen Lastannahmen nicht abgedeckt werden. Die Norm hat damit Schwachstellen im Hinblick auf den mehrgeschossigen Holzbau.

Die neue DIN 4102-4:2025-06 verbessert dies maßgeblich. Die Abschnitte zum Holz-bau wurden erheblich erweitert und umfassen nun in Summe etwa die doppelte Seitenzahl im Vergleich zur alten Fassung. Berücksichtigt werden sowohl Holztafelbau als auch Massivholzbau für das mehrgeschossige Bauen. Zudem wurden Themen wie Installationen sowie Anschluss- und Fügeausbildungen aufgenommen und erweitert. Insgesamt stellt dies einen wichtigen Schritt für den mehrgeschossigen Holzbau dar.

Positiv hervorzuheben ist, dass die Regelungen mit der MHolzBauRL abgestimmt wurden und sich in den entscheidenden Punkten nicht widersprechen. Es ist zu erwarten, dass die neue Version zeitnah durch die Bundesländer in die jeweiligen Verwaltungsvorschriften Technische Baubestimmungen als Technische Regel übernommen wird. Bis dahin ist ihre Anwendung zwar dringend zu empfehlen, jedoch rechtlich noch nicht abschließend verbindlich.

DIN EN 1995-1-2 (Eurocode 5) [13]

Der Eurocode 5 beschäftigt sich mit der Bemessung und Konstruktion von Holzbauten und ist in folgende Teile gegliedert:

  • DIN EN 1995-1 Allgemeines

  • DIN EN 1995-2 Brücken

Der „Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1: Allgemeines“ umfasst:

  • DIN EN 1995-1-1 Allgemeine Regeln – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau
  • DIN EN 1995-1-2 Allgemeine Regeln – Bemessung für den Brandfall

Mit dem EN 1995-1-2 können somit tragende Holzbauteile (R), raumabschließende Holzbauteile (EI) und Holzbauteile, die sowohl tragend als auch raumabschließend sind (REI), bemessen werden. Bezüglich des Raumabschlusses gelten die Regeln aktuell nur für eine Feuerwiderstandsdauer von maximal 60 Minuten.

 

9.6 Abweichungen

Im Rahmen des Entwurfs und des Bauprozesses ist es nicht immer möglich, komplett regelkonform zu planen bzw. zu bauen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber Möglichkeiten zur Abweichung geschaffen.

Das Baurecht enthält drei grundsätzliche Abweichungsmöglichkeiten, die bei Planung und Ausführung herangezogen werden können:

  • Abweichungen vom materiellen Bauordnungsrecht (Beispiele: Bauordnung, Sonderbauverordnungen)

  • Abweichungen von technischen Baubestimmungen (Beispiele: Leitungs-, Lüftungsanlagen- und Systembodenrichtlinie)

  • Abweichungen von nationalen Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweisen (Beispiele: abP, abZ, aBG)

Abweichungen vom Bauordnungsrecht (materielle Abweichungen) können nur von der Bauaufsichtsbehörde oder ggf. von zuständigen Prüfingenieuren bzw. Prüfsachverständigen zugelassen werden, beispielsweise im Rahmen eines Brandschutznachweises bzw. -konzeptes «§ 67 Abs. 1 MBO».
Die anderen Formen der Abweichung werden nachfolgend aufgeführt und erklärt:

Abweichung von technischen Baubestimmungen

Normen und Richtlinien enthalten allgemeine Vorgaben, die selbstverständlich nicht jeden Einzelfall abschließend berücksichtigen können. Damit geht zwangsläufig einher, dass im konkreten Einzelfall auch Abweichungen von diesen Regelungen angebracht und zielführend sein können.

Von den in den Technischen Baubestimmungen enthaltenen Planungs-, Bemessungs- und Ausführungsregelungen kann folglich abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen erfüllt werden und in der Technischen Baubestimmung eine Abweichung nicht ausgeschlossen ist. Geregelt wird dies in «§ 85a Abs. 1 MBO».

Zu beachten ist, dass Abweichungen von Technischen Baubestimmungen im Einzelfall bei entsprechender Definition auch einer Abweichungsentscheidung durch die Bauaufsichtsbehörde bedürfen und folglich Abweichungen vom Bauordnungsrecht gleichzusetzen sind. Die «MVV TB führt in Tabelle A 2.2» diverse technische Bestimmungen auf, für die eine Abweichung gemäß «§ 85a Abs. 1 MBO» ausgeschlossen wird und somit eine Abweichungsentscheidung durch die Bauaufsichtsbehörde notwendig wird. Dies wird aber nicht in allen Bundesländern entsprechend umgesetzt.

Eine Abweichung von einer technischen Regel ist aus Sicht der Autoren immer schriftlich festzuhalten, die entsprechende Kompensation auszuformulieren und dies der Gebäudedokumentation zuzuführen. Dies beugt auch Regressansprüchen vor.

Wie mit Abweichungen von Technischen Baubestimmungen im mehrgeschossi-gen Holzbau – insbesondere von der MHolzBauRL – umzugehen ist und welche Vorgaben dabei gelten, wird in Abschnitt 11.3 beschrieben.

Abweichungen von nationalen Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnach-weisen

Entscheidend für eine Abweichung von einem Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweis ist, ob diese wesentlich ist oder eben nicht. Das Vorgehen bei Abweichungen ist in Abbildung 8 dargestellt. Die Begrifflichkeiten „wesentlich“ und „nicht wesentlich“ werden im Bauordnungsrecht nicht konkreter definiert.

Als nicht wesentliche Abweichung gilt eine Abweichung von einer in einem Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweis beschriebenen Konstruktion, die die Feuerwiderstandsfähigkeit nicht in einem Maß beeinträchtigt, dass sich dadurch die Feuerwiderstandsklasse verschlechtert.

Man kann also vereinfacht sagen: Die Veränderung darf nicht zu einer Verschlechterung des Bauteilverhaltens führen.

Ein Beispiel: Der Verwendbarkeits- bzw. Anwendbarkeitsnachweis führt für eine F 60-B Holztafelbauwand zwei Lagen mit 15 mm Gipsfaserplatten auf. Auf der Baustelle sollen jedoch zwei Lagen mit 18 mm Gipsfaserplatten ausgeführt werden. Aus brandschutz-technischer Sicht sind zwei Lagen à 18 mm sogar besser als zwei Lagen à 15 mm. In diesem Fall liegt daher eindeutig eine nicht wesentliche Abweichung vor, da sich das Bauteilverhalten im Hinblick auf den Brandschutz nicht verschlechtert.

Eine Abweichung ist demnach dann nicht wesentlich, wenn ich mir sicher bin, dass mein Bauteil trotz der Veränderung noch genauso gut in Bezug auf seine Leistungseigenschaften ist wie vor der Veränderung. Weiter muss ich mir im Klaren darüber sein, dass ich als Hersteller (Bauprodukt) oder Anwender (Bauart) für die nicht wesentliche Abweichung die Verantwortung trage und eine Genehmigungsbehörde im Projektverlauf die Abweichung ggf. nicht akzeptiert und es folglich zu zeitlich längeren Bearbeitungsprozessen oder sogar baulichen Anpassungen kommen kann.

Abbildung 8 Abweichung von Verwendbarkeitsnachweisen

Abweichungen von europäisch geregelten Bauprodukten

Ein zentrales Problem im europäischen Nachweisverfahren ist, dass eine „nicht wesentliche Abweichung“ gemäß Bauproduktenverordnung nicht existiert.

Nachfolgend werden einige mögliche Abweichungsvarianten aufgezeigt. Letztendlich bleibt aber festzuhalten, dass das europäische Verfahren eine Abweichung nur unter ganz speziellen Randbedingungen zulässt. Weiter muss diese Abweichung sehr frühzeitig feststehen, zum Teil bereits vor dem Projektbeginn, um einen zeitlich korrekten Verlauf sicherzustellen. Schlussendlich ist es aus Sicht der Autoren aktuell nicht ratsam, von europäisch geregelten Bauprodukten abzuweichen.

Liegt eine Abweichung vor, ergeben sich gemäß EU-Bauproduktenverordnung (BauPVO) [7] auszugsweise folgenden Möglichkeiten:

  • Art. 38 BauPVO heranziehen, der ein vereinfachtes Verfahren zulässt, wenn Bauprodukte in ein einzelnes bestimmtes Bauwerk eingebaut werden sollen. Der Hersteller kann das anzuwendende System durch eine spezifische Technische Dokumentation ersetzen, mit der die Konformität des Produkts mit den geltenden Anforderungen sowie die Gleichwertigkeit der angewendeten Verfahren mit den in den harmonisierten Normen festgelegten Verfahren nachgewiesen werden. Nicht möglich bei Serienfertigung.

  • Nach «Art. 5a) BauPVO» kann die Pflicht zur Leistungserklärung entfallen, wenn es sich nicht um eine Serienfertigung, sondern um eine Sonderanfertigung für ein bestimmtes Gebäude handelt. Der Einbau soll dann nach geltenden nationalen Vorschriften erfolgen. Dann wäre der Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall (ZiE) relevant. Eine Doppelkennzeichnung liegt nicht vor, da der Hersteller aufgrund der Abweichung das Bauprodukt nicht entsprechend der europäischen Regel kennzeichnen dürfte «Art. 8 Abs. 2 BauPVO».

10. Gebäude­klassen, MHolzBauRL und Bau­weisen – wie hängt das zusammen?

10.1 Konkretisierung der Anforderungen aus der MBO durch die MHolzBauRL

Die Anforderungen der Bauordnung (MBO) werden in «§ 85a der MBO» durch den Verweis auf die MVV TB konkretisiert, vgl. Abbildung 9 und Kapitel 7.

Abbildung 9 Grundprinzip: Anforderungen aus der Bauordnung und Konkretisierung durch die MVV-TB

Bei der Nachweisführung im mehrgeschossigen Holzbau ist eine Unterscheidung wichtig, um die Vorgaben und Möglichkeiten erklären und überblicken zu können. Entscheidend ist dabei, ob es sich um ein Gebäude der Gebäudeklasse 3 oder um ein Gebäude der Gebäudeklassen 4 bzw. 5 handelt. Diese Unterscheidung ist maßgebend. Abbildung 10 stellt die Grundlagen für die Einordnung in die drei genannten Gebäudeklassen dar. Zu beachten ist, dass ab einer Fußbodenoberkante (FOK) von mehr als 22 m das Gebäude zusätzlich als Hochhaus gilt und dann nur noch nichtbrennbare Baustoffe (kein Holz) zulässig sind.

 

Abbildung 10 Darstellung der Gebäudeklassen 3, 4 und 5. NE = Nutzungseinheit, FOK = Fußbodenoberkante und die Fläche als Bruttogrundfläche [15]

Gebäudeklasse 3

Besondere holzbauspezifische Aspekte sind hier kaum zu berücksichtigen. Das liegt daran, dass die zentrale Anforderung an tragende und raumabschließende Bauteile lediglich „feuerhemmend“ lautet. Wie in Kapitel 5 erläutert, können bauordnungsrechtliche Begriffe teilweise zusätzliche Anforderungen an Baustoffe nach sich ziehen (nichtbrennbar, bekleidet usw.). Bei der Anforderung „feuerhemmend“ ist dies jedoch nicht der Fall. Unabhängig davon, ob ein Bauteil aus brennbaren Baustoffen (Holz) oder nicht besteht, muss es eine Feuerwiderstandsdauer von 30 Minuten aufweisen, Abbildung 11.

 

Abbildung 11 Konkretes Leistungssoll von Bauteilen in der GK 3, die feuerhemmend sein müssen


Ein besonderes Augenmerk ist jedoch auf Wände anstelle von Brandwänden in der Gebäudeklasse 3 zu legen. Diese müssen gemäß MBO hochfeuerhemmend sein und fallen damit in den Anwendungsbereich der MHolzBauRL, wie in den folgenden Absätzen beschrieben wird.

Gebäudeklassen 4 & 5

Tragende oder raumabschließende Bauteile in den Gebäudeklassen 4 und 5 müssen hochfeuerhemmend oder feuerbeständig ausgeführt sein. An beide Begriffe sind verschiedene Anforderungen an die verwendeten Baustoffe geknüpft. So kann, wie zuvor beschrieben, ein tragendes Holzbauteil niemals feuerbeständig sein, da es aus brennbaren Baustoffen besteht.

Inzwischen gibt es jedoch in allen 16 Bundesländern eine Ausnahme für brennbare Baustoffe (vgl. Kapitel 5).

Holzkonstruktionen können abweichend zu hochfeuerhemmend und abweichend zu feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen oder auch hochfeuerhemmend ausgeführt werden. Tabelle 2 stellt eine Übersicht über die Begriffe dar. So ist beispielsweise die Bauweise entscheidend, ob ein Bauteil hochfeuerhemmend oder abweichend zu hochfeuerhemmend aus brennbaren Baustoffen sein kann. Hintergrund dafür ist die historische Entwicklung mit der Möglichkeit, ab 2004 in der Gebäudeklasse 4 bereits mit Holztafelbau zu bauen. Diese Änderungen gelten bis heute und wurden im Rahmen der letzten Änderungen in der MBO und den Landesbauordnungen nicht vereinheitlicht.

Tabelle 2 Übersicht über die bauordnungsrechtlichen Begrifflichkeiten für Holzkonstruktionen in den Gebäudeklassen 4 und 5


Die Formulierungen in den Landesbauordnungen, unter welchen Bedingungen mit Holz gebaut werden darf, unterscheiden sich zwar, im Grundsatz sagen sie jedoch das Gleiche: Bauen mit Holz ist möglich, wenn bestimmte Auflagen eingehalten werden.

Diese Auflagen sind in der MHolzBauRL aufgeführt. Sie bildet damit eine grundlegende Voraussetzung für das Bauen mit Holz in den Gebäudeklassen 4 und 5 und ist notwendig, um Holzbauteile ohne komplizierte Einzelnachweise ausführen zu können. Hintergrund für die Notwendigkeit der MHolzBauRL ist, dass Holz als brennbarer bzw. normalentflammbarer Baustoff gilt. Dies kann u. a. Einfluss auf die Branddynamik und die Ausbildung von Anschlüssen haben. Die Vorgabe soll sicherstellen, dass das in Deutschland lange geltende Schutzniveau – basierend auf nichtbrennbaren Bauteilen bei höheren Gebäuden – durch den Einsatz von Holz nicht verändert wird. Abbildung 12 zeigt die unterschiedlichen Möglichkeiten für Holzbauteile in den Gebäudeklassen 4 und 5. Dabei wird unterschieden, ob es sich um Holztafelbau (HTB) oder Massivholzbau (MH) handelt. Zusätzlich stellt die Abbildung die entsprechenden Leistungsanforderungen nach MHolzBauRL dar.

Abbildung 12 Anforderungen der Bauordnung und deren Konkretisierung durch die MHolzBauRL für Gebäudeklassen 4 und 5

Für das Verständnis der in Abbildung 12 dargestellten Anwendungswege ist entschei-dend, dass die MHolzBauRL in ihrem Geltungsbereich bestimmte Voraussetzungen definiert, die erfüllt sein müssen. Sie gilt – wie zuvor beschrieben – ausschließlich für Bauteile, die hochfeuerhemmend, abweichend hochfeuerhemmend aus brennbaren Baustoffen oder abweichend feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen im Sinne der MBO ausgeführt werden müssen. Das bedeutet:

Alle tragenden und raumabschließenden Bauteile in den Gebäudeklassen 4 und 5 sowie Wände anstelle von Brandwänden in der Gebäudeklasse 3 fallen in die Zuständigkeit dieser Richtlinie.

Hinweis: Nichttragende Außenwände in den Gebäudeklassen 4 und 5, die raumabschließend feuerhemmend auszuführen sind, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie.

Die MHolzBauRL unterscheidet zudem zwischen Holztafelbauweise und Massivholzbauweise:

  • Holztafelbauweise
    Darunter versteht die Richtlinie tragende und/oder raumabschließende Bauteile aus Verbundelementen mit Holzrippen, die beidseitig beplankt oder bekleidet sind. Die Gefache werden mit nichtbrennbaren Dämmstoffen ausgefüllt. Raumseitig ist eine Brandschutzbekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen erforderlich, um die brennbaren Teile für einen definierten Zeitraum zu schützen. Schallschutztechnisch notwendige Zwischenräume in zweischaligen Trennwänden sind mit nichtbrennbaren Dämmstoffen vollständig zu füllen.

  • Massivholzbauweise
    Hierbei handelt es sich um hohlraumfreie Elemente aus Holzlamellen oder Holzwerkstoffplatten, die mechanisch verbunden oder verklebt sind. Produktionsbedingte Fugen sowie Nuten bleiben unberücksichtigt, sofern sie im Rahmen des Verwendbarkeitsnachweises der Bauprodukte geregelt sind. Auch Verbundbauteile mit Schichten aus nichtbrennbaren Baustoffen (z. B. Holz-Beton-Verbunddecken) zählen dazu. Gleiches gilt für Skelettbauteile wie Stützen, Träger und plattenförmige Bauteile, sofern diese hohlraumfrei hergestellt sind.

Bauweisen, die nicht in eine der beiden Definitionen der MHolzBauRL fallen – z. B. Massivholzbauteile mit Hohlräumen –, gehören derzeit nicht zum Anwendungsbereich. Sie können daher nur als Abweichung bzw. mit speziellem Nachweisverfahren im Einzelfall nachgewiesen werden.

Darüber hinaus gibt es Einschränkungen für die Anwendbarkeit der MHolzBauRL. Das ist im deutschen Bauordnungsrecht insofern einmalig, da solche Vorgaben üblicherweise direkt in der Bauordnung (MBO) geregelt sind. Die Richtlinie selbst führt als Voraussetzungen auf:

  • Die MHolzBauRL ist nur anwendbar bei Gebäuden mit brandschutztechnisch abgetrennten Räumen oder Raumgruppen bis maximal 400 m². Eine brandschutztechnische Abtrennung kann z. B. durch Trennwände nach «§ 29 MBO» oder durch notwendige Flure nach «§ 36 MBO» erfolgen. Bildlich lässt sich dies wie eine Wabenstruktur vorstellen. Für mehrgeschossige Holzgebäude sind damit derzeit nur abgetrennte Bereiche bis 400 m² zulässig.
  • Für Sonderbauten gilt die Richtlinie nur, wenn zusätzlich eine bestimmungsgemäße Nutzung für selbstrettungsfähige Personen vorgesehen ist. Das bedeutet: Gebäude mit nichtselbstrettungsfähigen Personen (z. B. Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen) können in den Gebäudeklassen 4 und 5 nicht abweichungsfrei in Holz errichtet werden.

Neben diesen Anwendungsgrenzen enthält die MHolzBauRL konkrete technische Vorgaben. So ist, sofern notwendig, eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung auszuführen. Diese muss aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen und verhindern, dass tragende, aussteifende sowie raumabschließende Holzbauteile während eines ausreichend langen Zeitraumes entzündet werden. In der Regel wird dies durch Gipsplatten (Feuerschutzplatte Typ GKF nach DIN 18180:2014-09 in Verbindung mit mindestens Typ DF nach DIN EN 520:2009-12) oder durch Gipsfaserplatten (GF, Rohdichte ≥ 1.100 kg/m³ nach DIN EN 15283-2:2009-12) erreicht. Alternativ sind Bauprodukte mit entsprechenden Leistungseigenschaften nach Europäischer Technischer Bewertung zulässig. Abweichend kann die Schutzwirkung auch im Einzelfall nachgewiesen werden. Die Brandschutzbekleidung darf beim Nachweis der Feuerwiderstandsdauer angerechnet werden und kann bei Standsicherheitsnachweisen als Beplankung (statisch mitwirkend) berücksichtigt werden.

Für Dämmstoffe gilt, dass sie nichtbrennbar sein müssen, einen Schmelzpunkt von mindestens 1.000°C aufweisen müssen und in der Regel als vollständig ausfüllende Gefachdämmung formschlüssig auszuführen sind.

Neben der Eingrenzung auf maximal 400 m² brandschutztechnisch abgetrennte Räume oder Raumgruppen gibt es eine weitere „Schallmauer“ bei 200 m² großen abgetrennten Bereichen. Diese ermöglicht weitere Erleichterungen, etwa eine Reduzierung der Bekleidungsdicke sowie die Zulässigkeit sichtbarer, ungeschützter Holzoberflächen im Massivholzbau. Hierbei dürfen entweder die gesamten Deckenunterseiten oder Wandoberflächen mit einer Gesamtfläche von maximal 25 % der Brutto-Grundfläche mit brennbaren Bauteiloberflächen ausgeführt werden; linienförmige Bauteile (z. B. Stützen oder Unterzüge) bleiben bei der Ermittlung unberücksichtigt. Diese Regelung gilt nicht für Sonderbauten nach «§ 2 Absatz 4 MBO». Wichtig ist zudem, dass bei der Berechnung der Wandflächen bauordnungsrechtlich nur Bauteile berücksichtigt werden, die im Anwendungsfall der Richtlinie liegen, also tragende und/oder raumabschließende Bauteile – nichttragende Innenwände oder nichttragende Außenwände (auch wenn sie feuerhemmend raumabschließend sind) sind hiervon ausgenommen.

Zu beachten sind die Vorgaben an Dämmung und Brandschutzbekleidung. Die Leistungsanforderung an die Brandschutzbekleidung tch (vgl. Abbildung 12) ist nach DIN EN 1995-1-2 wie folgt zu verstehen: Zeitdauer bis zum Beginn des Abbrandes, also Erreichen von 300°C hinter der Bekleidung eines geschützten Bauteils, und damit die Verzögerung des Beginns des Abbrandes infolge einer Brandschutzbekleidung.

 

10.2 Besonderheiten in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg bestehen über die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VwV TB) teilweise bereits zusätzliche Festlegungen bzw. sind weitere Regelungen geplant, die in den anderen 15 Bundesländern aktuell nicht enthalten sind.

Flächengrenzen

Die Einschränkung auf maximal 400 m² große Nutzungseinheiten bzw. Raumgruppen soll in Baden-Württemberg nicht gelten. Es bestehen somit keine spezifischen Flächengrenzen für Nutzungseinheiten und Raumgruppen. Die „Schallmauer“ bei 200 m² für Raumgruppen mit reduzierter Brandschutzbekleidung bleibt jedoch bestehen.

Sonderbauten

Für Sonderbauten besteht keine Einschränkung hinsichtlich einer bestimmungsgemäßen Nutzung für selbstrettungsfähige Personen. Die Verwendung von brennbaren Baustoffen kann bei Sonderbauten im Einzelfall eingeschränkt oder mit zusätzlichen Auflagen versehen werden, wenn dafür Gründe vorliegen.

Dämmstoffe

Eine weitere Besonderheit betrifft die Dämmstoffe. Nur in Baden-Württemberg erlauben die in der VwV TB Baden-Württemberg enthaltenen Erweiterungen abweichend zur MHolzBauRL auch die Verwendung von brennbaren Dämmstoffen anstelle von nichtbrennbaren. Dies ist jedoch nur unter Berücksichtigung zusätzlicher Maßnahmen zulässig, beispielsweise durch zusätzliche Schutzbekleidungen, eine weitere Unterteilung von Raumgruppen auf kleinere Einheiten von höchstens 100 m² oder den Verzicht auf Installationen in den betroffenen Bauteilen.

Hinweis

Zur besseren Übersicht – und da diese Möglichkeiten aktuell ausschließlich in Baden-Württemberg bestehen bzw. geplant sind – werden sie in Abbildung 12 nicht dargestellt.

11. Nachweis­führung im mehr­geschossigen Holzbau

11.1 Nachweisverfahren für Holzbauteile in den Gebäudeklassen 4 & 5

Für Holzbauteile in den Gebäudeklassen 4 und 5 sind – je nach Art des Bauteils (tragend und raumabschließend, tragend nicht raumabschließend oder nur raumabschließend) – folgende Leistungseigenschaften nachzuweisen:

  • Schutz vor Entzündung (brandschutztechnisch wirksame Bekleidung), sofern erforderlich,

  • Standsicherheit im Brandfall (bei tragenden Bauteilen),

  • Raumabschluss (bei raumabschließenden Bauteilen).

Abbildung 13 zeigt die verschiedenen Nachweismöglichkeiten für Holzbauteile in den Gebäudeklassen 4 und 5.


Abbildung 13 Übersicht der Nachweisverfahren für Holzbauteile in den Gebäudeklassen 4 & 5


Im Folgenden werden die drei zuvor genannten Leistungseigenschaften näher erläutert. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass Dämmstoffe nichtbrennbar sein müssen.

Schutz vor Entzündung (Brandschutztechnisch wirksame Bekleidung)

Der Nachweis kann erfolgen über:

  • die «Tabellen 1–5 der MHolzBauRL» (eingeführte Technische Baubestim-mung) oder
  • die DIN EN 1995-1-2 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder
  • die typischen Nachweiswege vBG, aBG und/oder bzw. in Kombination mit einer ZiE, einer abZ oder einer europäischen Leistungserklärung.

Die DIN EN 1995-1-2 lässt zwei Möglichkeiten zu:

  • rechnerischer Nachweis nach «Abschnitt 3.4.3 der DIN EN 1995-1-2» unter Berücksichtigung der Verbindungsmittel nach DIN 18181, DIN EN 15283-1/-2 bzw. ETA oder
  • Brandversuch nach «DIN EN 13381-7 gemäß 3.4.3.1 DIN EN 1995-1-2», also über einen Klassifizierungsbericht

Der letzte Punkt stellt eine Besonderheit dar. Ein Klassifizierungsbericht gilt in Deutschland grundsätzlich nicht als Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweis. In diesem Fall ist er jedoch zulässig, da die eingeführte Technische Baubestimmung «DIN EN 1995-1-2 in Abschnitt 3.4.3.1» ausdrücklich die Berücksichtigung von Versuchsdaten vorsieht. Dort heißt es:

„Sofern nachfolgend keine Regeln angegeben werden, sollten die folgenden Sachverhalte auf der Grundlage von Versuchen ermittelt werden“ und „Prüfverfahren werden in ENV 13381-7 angegeben“.

Es ist also möglich, einen Klassifizierungsbericht in Deutschland anzuwenden, da der Nachweis über die eingeführte Technische Baubestimmung erfolgt und nicht über die Bauordnung. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein Klassifizierungsbericht immer die konkret geprüfte Konstruktion mit den exakt verwendeten Bauprodukten beschreibt. Eine herstellerneutrale Anwendung ist nicht vorgesehen und ohne speziellen Gleichwertigkeitsnachweis auch nicht zulässig.

Die «MHolzBauRL führt hierzu in Abschnitt A 1.5» ergänzend aus:

„Es sind für die Ermittlung von tch Brandversuche nach DIN EN 13381-7:2019-09 Abschnitt 13.2.2 durchzuführen. Als Schutzzeit tch ist der Wert tch,frame-test-specimen aus dem zum Brandversuch zugehörigen Klassifizierungsbericht nach DIN EN 13501-2:2023-12 zu verwenden.“

Aus der Vergangenheit ist zudem die Schutzzeit K2 gemäß DIN EN 13501-2 bekannt. Da hierzu zahlreiche Daten vorliegen, ergänzt die MHolzBauRL:
„Die Schutzzeit einer Brandschutzbekleidung mit K2-Klassifizierung darf bei gleicher Minutenanzahl der entsprechenden Schutzzeit tch als gleichwertig angenommen werden.“

Standsicherheit im Brandfall

Die Standsicherheit im Brandfall kann auf folgenden Wegen nachgewiesen werden:

  • über die DIN 4102-4 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder

  • über die DIN EN 1995-1-2 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder

  • über die typischen Nachweiswege vBG, aBG und/oder bzw. in Kombination mit einer ZiE, einer abZ oder einer europäischen Leistungserklärung

Die DIN EN 1995-1-2 lässt erneut zwei Möglichkeiten zu:

  • rechnerischer Nachweis oder
  • Brandversuch nach «Abschnitt 2.4.1 Abs. 6 DIN EN 1995-1-2», also über einen Klassifizierungsbericht

Der letzte Punkt stellt eine Besonderheit dar. Ein Klassifizierungsbericht gilt in Deutschland grundsätzlich nicht als Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweis. In diesem Fall ist er jedoch zulässig, da die eingeführte Technische Baubestimmung «DIN EN 1995-1-2 in Abschnitt 2.4.1 Abs. 6» ausdrücklich die Berücksichtigung von Versuchsdaten erlaubt. Dort heißt es:

„Als Alternative zur Bemessung durch Berechnung darf die Brandbemessung auf der Grundlage von Brandversuchen oder einer Kombination aus Brandversuchen und Berechnungen erfolgen […]“

Damit ist es in diesem Fall möglich, einen Klassifizierungsbericht in Deutschland anzuwenden, da der Nachweis über die eingeführte Technische Baubestimmung erfolgt und nicht über die Bauordnung. Zu beachten bleibt jedoch, dass ein Klassifizierungsbericht ausschließlich die konkret geprüfte Konstruktion mit den exakt verwendeten Bauprodukten beschreibt. Eine herstellerneutrale Anwendung ist nicht vorgesehen und ohne speziellen Gleichwertigkeitsnachweis nicht zulässig.

Die «MHolzBauRL führt hierzu in Abschnitt A 1.2» ergänzend aus, dass für die Bemessungswerte der maximalen Normal- und Biegespannungen aus Versuchen gilt:

σσc,0,d,fi ≤ 0,8 σc,0,Prüflast

σm,d,fi ≤ 0,8 σm,Prüflast

(σσc,0,d,fi = Bemessungswert Normalspannung; σc,0,Prüflast = Normalspannung aus Prüflast;
σσc,0,d,fi = Bemessungswert Biegespannung; σm,Prüflast = Biegespannung aus Prüflast)

Die Bemessungswerte dürfen auch direkt auf die im Brandversuch aufgebrachten Lasten bezogen werden (80 % der Prüflast). Die Feuerwiderstandsdauer gilt nur für Konstruktionen als nachgewiesen, die in Aufbau und Ausführung dem geprüften Bauteil entsprechen.

Eine weitere Besonderheit besteht für den Holzbau darin, dass allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abP) gemäß MVV TB nicht möglich sind – obwohl bei Wänden und Decken genau die in Abschnitt 9.3 beschriebenen Standardprüfverfahren grundsätzlich geeignet wären, ein abP zu erlangen. Der Grund für diesen expliziten Ausschluss ist, dass mit der MHolzBauRL zusätzliche Anforderungen erfüllt werden müssen, die über den reinen Feuerwiderstand hinausgehen. Ein abP kann jedoch nur auf Grundlage eines Prüfverfahrens zum Feuerwiderstand ausgestellt werden und berücksichtigt damit weder nichtbrennbare Dämmstoffe noch eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung. Daher wurde dieser Weg ausgeschlossen. Stattdessen ist zwingend eine allgemeine Bauartgenehmigung (aBG) erforderlich, in deren Rahmen alle zusätzlichen Leistungseigenschaften umfassend berücksichtigt werden.

Raumabschluss

Der Nachweis des Raumabschlusses kann erfolgen über:

  • die DIN 4102-4 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder

  • die DIN EN 1995-1-2 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder

  • die typischen Nachweiswege vBG, aBG und/oder bzw. in Kombination
    mit einer ZiE, einer abZ oder einer europäischen Leistungserklärung.

Die DIN EN 1995-1-2 lässt erneut zwei Möglichkeiten zu:

  • rechnerischer Nachweis gemäß «Anhang E der DIN EN 1995-1-2» oder
  • Brandversuch nach «2.4.1 Abs. 6 DIN EN 1995-1-2», also über einen
    Klassifizierungsbericht.

Beim rechnerischen Nachweis ist zu berücksichtigen, dass der aktuelle «Anhang E der DIN EN 1995-1-2» nur Nachweise bis 60 Minuten ermöglicht. Ein Raumabschluss von 90 Minuten kann rechnerisch derzeit nicht über die eingeführte Technische Baubestimmung geführt werden.

Die Werte aus dem Klassifizierungsbericht für den Raumabschluss sind direkt über «2.4.1 Abs. 6 DIN EN 1995-1-2» anwendbar.

Ein abP ist aus denselben Gründen wie unter „Standsicherheit im Brandfall“ beschrieben nicht möglich.


11.2 Nachweisverfahren für feuerhemmende Holzbauteile

Für feuerhemmende Holzbauteile sind – je nach Art des Bauteils (tragend und raumabschließend, tragend nicht raumabschließend oder nur raumabschließend) – folgende Leistungseigenschaften nachzuweisen:

  • Standsicherheit im Brandfall (bei tragenden Bauteilen)
  • Raumabschluss (bei raumabschließenden Bauteilen)

Weitere Anordnungen müssen bei feuerhemmenden Bauteilen nicht erfüllt werden. Abbildung 14 zeigt die Nachweismöglichkeiten für feuerhemmende Holzbauteile.

Die Standsicherheit im Brandfall und/oder der Raumabschluss können auf folgenden Wegen nachgewiesen werden:

  • über die DIN 4102-4 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder
  • über die DIN EN 1995-1-2 (eingeführte Technische Baubestimmung) oder
  • über ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) nach «Abschnitt C4 MVV TB (C 4.1, C 4.1 und C 4.2)» oder
  • über die typischen Nachweiswege vBG, aBG und/oder bzw. in Kombination mit einer ZiE, einer abZ oder einer europäischen Leistungserklärung.

Die DIN EN 1995-1-2 lässt zwei Möglichkeiten zu:

  • rechnerischer Nachweis für den Raumabschluss gemäß «Anhang E der DIN EN 1995-1-2» oder
  • Brandversuch nach «Abschnitt 2.4.1 Abs. 6 DIN EN 1995-1-2», also über einen Klassifizierungsbericht.

Der letzte Punkt stellt eine Besonderheit dar. Ein Klassifizierungsbericht gilt in Deutschland grundsätzlich nicht als Verwendbarkeits- oder Anwendbarkeitsnachweis. In diesem Fall ist er jedoch zulässig, da die eingeführte Technische Baubestimmung «DIN EN 1995-1-2 in Abschnitt 2.4.1 Abs. 6» ausdrücklich die Berücksichtigung von Versuchsdaten erlaubt. Dort heißt es:

„Als Alternative zur Bemessung durch Berechnung darf die Brandbemessung auf der Grundlage von Brandversuchen oder einer Kombination aus Brandversuchen und Berechnungen erfolgen […]“

Damit ist es in diesem Fall möglich, einen Klassifizierungsbericht in Deutschland anzuwenden, da der Nachweis über die eingeführte Technische Baubestimmung erfolgt und nicht über die Bauordnung. Zu beachten bleibt jedoch, dass ein Klassifizierungsbericht ausschließlich die konkret geprüfte Konstruktion mit den exakt verwendeten Bauprodukten beschreibt. Eine herstellerneutrale Anwendung ist nicht vorgesehen und ohne speziellen Gleichwertigkeitsnachweis nicht zulässig.

Abbildung 14 Übersicht über die Nachweisverfahren für feuerhemmende Holzbauteile

11.3 Abweichungen von den Vorgaben

Eine Abweichung von den Vorgaben erfolgt grundsätzlich auf Basis der Grundlagen aus Abschnitt 9.6. Diese Abweichungsmöglichkeiten und Hintergründe gelten unverändert auch für die Nachweisführung im mehrgeschossigen Holzbau. Abbildung 15 zeigt die verschiedenen Wege der Abweichung für Holzbauteile und die Auswirkungen.

Abbildung 15 Übersicht der zwei Abweichungsformen im mehrgeschossigen Holzbau


Für Holzbauteile sind zwei unterschiedliche Abweichungsformen möglich:

1. Konzeptionelle Abweichung (bezogen auf das konkrete Gebäude)

Dies betrifft beispielsweise in den Gebäudeklassen 4 und 5 die Vergrößerung von Raumgruppen oder die Reduzierung der Brandschutzbekleidung. Hierbei handelt es sich zwar grundsätzlich um eine Abweichung von der Technischen Baubestimmung MHolzBauRL. Gemäß «Abschnitt A 2.2 der MVV TB» ist eine solche Abweichung nach «§ 85a Abs. 1 Satz 3 MBO» ausgeschlossen. Folglich kommt nur eine Abweichung von bauordnungsrechtlichen Anforderungen nach «§ 67 MBO» in Betracht, also eine Abweichungsentscheidung durch die Bauaufsichtsbehörde. Abweichungen von der MHolzBauRL sind somit in der Regel Abweichungen vom Bauordnungsrecht (materielle Abweichungen) und können nur von der Bauaufsichtsbehörde oder gegebenenfalls von zuständigen Prüfingenieuren bzw. Prüfsachverständigen zugelassen werden, beispielsweise im Rahmen eines Brandschutznachweises oder -konzeptes «§ 67 Abs. 1 MBO».

Dies wurde in fast allen Bundesländern entsprechend übernommen. Es gibt jedoch Ausnahmen. So erlaubt beispielsweise Baden-Württemberg über seine VwV TB auch eine Abweichung nach «§ 85a Abs. 1 MBO» (Abweichung von Technischen Baubestimmungen, vgl. Abschnitt 9.6).
Für feuerhemmende Bauteile gelten keine über die MBO bzw. die jeweilige Landesbauordnung hinausgehenden Anforderungen.

2. Abweichungen bei Anschlüssen

Weichen Anschlüsse wesentlich von den Vorgaben der Technischen Baubestimmungen ab, ist hierfür ein Anwendbarkeitsnachweis erforderlich (vgl. Abschnitt 9.3). Hintergrund ist, dass bei feuerhemmenden Holzbauteilen die Grundlagen aus Kapitel 8 gelten. Sobald die Ausführung wesentlich von den Vorgaben der Technischen Baubestimmungen abweicht, wird ein Anwendbarkeitsnachweis notwendig. Für Holzbauteile in den Gebäudeklassen 4 und 5 wird dies in «Abschnitt 3.1 der MHolzBauRL» nochmals ausdrücklich festgelegt: „Soweit Anschlüsse nicht in dieser Richtlinie beschrieben sind oder hierfür keine Technische Baubestimmung herangezogen werden kann, bedarf es eines Anwendbarkeitsnachweises […]“.

Sollen andere Anschlüsse verwendet werden, bedarf es keiner Abweichung nach «§ 67 MBO», wohl aber eines Anwendbarkeitsnachweises, also einer vBG oder aBG.

 

12. Über­einstimmungs­bestätigung und Doku­mentation

12.1 Allgemeines

In den vorherigen Kapiteln wurde detailliert erörtert, welche Nachweismöglichkeiten für die Verwendbarkeit von Holzbauteilen mit Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit möglich sind und wie davon abgewichen werden kann – kurzum, nach welchen Vorschriften wie mit Holz geplant und gebaut werden kann.

Nach Fertigstellung der beauftragten Leistung schuldet der Unternehmer dem Bauherrn und der Bauaufsichtsbehörde die Übereinstimmungsbestätigung (Übereinstimmungsnachweis) in Kombination mit dem Verwendbarkeitsnachweis. Die Übereinstimmungsbestätigung ist der Nachweis, dass die realisierte Konstruktion (z. B. das Bauprodukt vorgefertigte Holztafelbauwand) nach den Bestimmungen der Verwendbarkeitsnachweise oder Technischen Baubestimmungen errichtet wurde, also eine Bestätigung, dass das Gebaute dem Geplanten entspricht. Abbildung 6 zeigt, welche Bestätigungen und Erklärungen für Bauprodukte und Bauarten erforderlich sind.

Wie in Abbildung 6 zu sehen ist, ist eine Übereinstimmungsbestätigung für CE-gekennzeichnete Bauprodukte nicht erforderlich, hier wird lediglich die Leistungserklärung (DoP) ausgehändigt. In den anderen Fällen sind der Verwendbarkeitsnachweis sowie die Übereinstimmungsbestätigung abzugeben.

 

12.2 Bauprodukte

Der Hersteller erklärt die Übereinstimmung, die er durch werkseigene Produktionskontrolle sicherzustellen hat, durch Kennzeichnung der Bauprodukte mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) unter Hinweis auf den Verwendungszweck.
In den Verwendbarkeitsnachweisen (abZ, ZiE) können Anforderungen an den Hersteller der Bauprodukte vorgeschrieben werden, wenn dies zur Sicherung oder zum Nachweis einer ordnungsgemäßen Herstellung erforderlich ist.

Kapitel «C 2 und C3 der MVV TB» legt in Spalte 4 die Anforderungen fest, die an die Abgabe einer Übereinstimmungsbestätigung des Herstellers gestellt werden.

Es gibt drei Varianten:

  • Übereinstimmungserklärung des Herstellers (ÜH),
  • Übereinstimmungserklärung des Herstellers nach vorheriger Prüfung des Bauprodukts durch eine anerkannte Prüfstelle (ÜHP) oder
  • Übereinstimmungszertifikat durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle (ÜZ).

Bei der Übereinstimmungserklärung des Herstellers (ÜH) prüft der Hersteller auf Grundlage der werkseigenen Produktionskontrolle (Eigenüberwachung) eigenverantwortlich die Übereinstimmung seines Produktes mit den produktabhängigen technischen Regeln oder den Verwendbarkeitsnachweisen. Die werkseigene Produktionskontrolle erfolgt nach der DIN 18200 [14].

Werden Bauprodukte nicht in Serie und von Betrieben, deren Betreiber in die Handwerksrolle eingetragen sind (wie beispielsweise Zimmereibetriebe), hergestellt, gelten die Anforderungen an die werkseigene Produktionskontrolle im Sinne von «DIN 18200, Abschnitt 4.2», bei Einhaltung der handwerklichen Regeln als erfüllt. [6]

Für die Übereinstimmungserklärung des Herstellers nach vorheriger Prüfung des Bauprodukts durch eine anerkannte Prüfstelle (ÜHP) muss eine anerkannte Prüfstelle eine Erstprüfung des zu fertigenden Bauprodukts durchführen. Die weiteren Prüfungen im Rahmen der regelmäßigen werkseigenen Produktionskontrolle werden dann ausschließlich durch den Hersteller selber durchgeführt, und darauf basierend wird die Ü-Kennzeichnung vorgenommen.

Ist ein Übereinstimmungszertifikat durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle (ÜZ) erforderlich, so ist eine Erstüberwachung des Bauproduktes im Herstellwerk einschließlich einer Produktprüfung durch eine anerkannte Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen (PÜZ-Stelle) vorgeschrieben. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen ein Verzeichnis der anerkannten PÜZ-Stellen. In jedem Herstellwerk ist die werkseigene Produktionskontrolle durch eine Fremdüberwachung regelmäßig, üblicherweise zweimal jährlich, zu überprüfen.

In Abbildung 16 ist beispielhaft das Bauprodukt „Beidseitig geschlossene, nicht geklebte Holztafelelemente DIN 1052-11, Typ M2“ gezeigt. Es handelt sich um ein Bauprodukt, das nach technischen Regeln herzustellen ist und nicht die CE-Kennzeichnung trägt. Für das Bauprodukt ist in Spalte 4 ein Übereinstimmungszertifikat durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle (ÜZ) gefordert, also eine Erstüberwachung des Bauproduktes im Herstellwerk einschließlich einer Produktprüfung durch eine anerkannte PÜZ-Stelle und eine regelmäßige Fremdüberwachung. Die Fremdüberwachung erfolgt ebenfalls nach DIN 18200. [14]

Abbildung 16 Beispiel: Beidseitig geschlossene, nicht geklebte Holztafelelemente DIN 1052-11, Typ M2

Im Rahmen der Fremdüberwachung wird überprüft, ob die werkseigene Produktionskontrolle angewendet und dokumentiert wird. Weiter wird überprüft, ob im Unternehmen die personellen und ausstattungsmäßigen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Herstellung der Bauprodukte vorliegen. Ist dies alles erfüllt, so darf das Unternehmen das Bauprodukt mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) kennzeichnen und in den Verkehr bringen [1].

 

12.3 Bauarten

Für Bauarten sieht die MVV TB keine explizite Übereinstimmungsbestätigung (Spalte 4) vor. Nach «MBO Art. 16a» muss für jede Bauart durch den Anwender/Errichter bestätigt werden, dass sie mit den Technischen Baubestimmungen, den allgemeinen Bauartgenehmigungen, den allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Bauarten oder den vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen übereinstimmt.

 

13. Zusammen­fassung

Das Planen und Bauen muss immer unter Berücksichtigung des Baurechts erfolgen. Eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Abwicklung von Bauprojekten ist ein fundiertes Wissen über die bauordnungsrechtlichen relevanten Abläufe in Abhängigkeit der Gebäudeklasse. Denn mit steigender Gebäudeklasse und Sonderbautatbeständen nehmen die bauordnungsrechtlichen Anforderungen zur Erfüllung des geforderten Sicherheitsniveaus zu. Die Berücksichtigung von Vorschriften schafft Rechtssicherheit, Verlässlichkeit im Bauprozess und Sicherheit für die späteren Nutzer des Gebäudes. Planerinnen und Planer, Herstellerinnen und Hersteller sowie Errichterinnen und Errichter von Holzkonstruktionen müssen ihre angebotenen Produkte, Bauteile und Dienstleistungen sowie die daraus resultierenden betrieblichen und organisatorischen Voraussetzungen kennen und sich das erforderliche Fachwissen aneignen.

Mit der Neuauflage der MHolzBauRL 2024 steht nun eine einheitliche und praxisge-rechte Grundlage für das mehrgeschossige Bauen mit Holz bis zur Hochhausgrenze zur Verfügung. Für mehrgeschossige Gebäude bis zur Hochhausgrenze ist es nun möglich, praxisgerecht mit Holz zu bauen, ohne zahlreiche materielle Abweichungen und Sonderlösungen. Der Genehmigungsprozess wird dadurch erheblich vereinfacht, und der Planungs- sowie Umsetzungsaufwand für Behörden, Planende und Unternehmen sinkt deutlich. Die Neuauflage der Richtlinie schafft Planungssicherheit, beschleunigt die Umsetzung und stärkt das Bauen mit Holz als wirksamen Beitrag zum Klimaschutz.

14. Glossar / Abkürzungs­verzeichnis

aBG allgemeine Bauartengenehmigung
abP allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis
abZ allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen
BA Bauart
BP Bauprodukt
BRL Bauregelliste
BSN Brandschutznachweis
CE Communautés Européenes (Europäische Gemeinschaften)
DIBt Deutsches Institut für Bautechnik
DoP Declaration of performance (Leistungserklärung)
EAD European Assessment Document
ETA Europäische Technische Bewertung
GK GebäudeklassehEN harmonisierte europäische Norm
hEN harmonisierte europäische Norm
HTB Holztafelbau
MBO Musterbauordnung
MB Massivholz
MHBT Massive Holzbauteile
MHolzBauRL Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise
MVV TB Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
vBG vorhabenbezogene Bauartengenehmigung
ZiE Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall

 

15. Literatur

[1] Musterbauordnung (MBO). Fassung November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom 26./27.09.2024

[2] DIN 4102-2:1977-09; Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Bauteile,
Begriffe, Anforderungen und Prüfungen. September 1977

[3] DIN EN 13501-2:2023-12; Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen. Dezember 2023

[4] DIN 4102-1:1998-05; Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Teil 1: Baustoffe, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen. Mai 1998

[5] DIN EN 13501-1:2019-05; Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten –Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den
Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten. Mai 2019

[6] Deutsches Institut für Bautechnik: Veröffentlichung der Muster – Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen 2025/1; Ausgabe 3; 20. Mai 2025 mit Druckfehlerkorrektur vom 29. Juli 2025

[7] Europäisches Parlament und der Rat der Europäischen Union: Verordnung (EU) Nr. 305/2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 9. März 2011

[8] Deutsches Institut für Bautechnik: Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/Allgemeine Bauartgenehmigung; Nummer: Z-41.3-686; Absperrvorrichtungen gegen Feuer und Rauch in Lüftungsleitungen entsprechend DIN 18017-3 vom Typ AVR. Geltungsdauer vom 30. Juli 2018 bis 30. Juli 2023

[9] Prioritätenliste – Ausgewählte verwendungsspezifische Leistungsanforderungen zur Erfüllung der Bauwerksanforderungen – Hinweisliste sortiert nach hEN der EU-BauPVO. Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Stand 01.06.2021
https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Referat/IIN/Prioritaetenliste_Ueberarbeitung_hEN.pdf

[10] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile und Außenwandbekleidungen in Holzbauweise (MHolzBauRL) Ausgabe 2; 12. Mai 2025; Fassung: 24. September 2024

[11] DIN 4102-4:2016-05; Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile. Mai 2016

[12] DIN 4102-4:2025-06; Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile. Juni 2026

[13] DIN EN 1995-1-2:2010-12; Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall. Dezember 2010

[14] DIN 18200:2021-04 Übereinstimmungsnachweis für Bauprodukte – Werkseigene Produktionskontrolle, Fremdüberwachung und Zertifizierung von Produkten. April 2021

[15] Krötsch, Stefan, Stieglmeier, Manfred and Engel, Thomas. Holzbau im Bestand, München: DETAIL, 2024. https://doi.org/10.11129/9783955536237

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Was ist der Unterscheid zwischen der Bauordnung und der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB)?

Die Bauordnung schafft als Gesetz einen Rechtscharakter für die am Bau notwendigen Begrifflichkeiten und Prozedere und stellt Anforderungen für das Gebäude, bzw. die bauliche Anlage. Die Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung zeigt Wege auf, wie diese Anforderungen umgesetzt werden können, welche weiteren Bestimmungen zu berücksichtigen, bzw. welche Vorgehensweisen zur Erreichung der Anforderungen maßgebend sind.

Welche Normen, Regeln, Richtlinien etc. gelten in meinem Bundesland als eingeführte technische Baubestimmungen und müssen folglich für die Planung und Ausführung berücksichtigt werden und wo werden diese aufgeführt?

Die in der landesspezifischen Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (VV TB) aufgeführten und somit eingeführten Technischen Baubestimmungen sind für den Vollzug der bauaufsichtlichen Anforderungen zuständig. Im Klartext: Die von den Landesregierungen öffentlich bekanntgemachten Technischen Baubestimmungen in der jeweiligen VV TB sind zu berücksichtigen!

Unterscheiden sich sie bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Baustoffe und Bauteile in Abhängigkeit der Gebäudeklassen?

Die Bauordnung unterscheidet Anforderungen in Abhängigkeit der fünf Gebäudeklassen an die Baustoffe und die Bauteile. Mit steigender Gebäudeklasse müssen Bauteile in der Regel leistungsfähiger bzw. robuster werden, gleichzeitig steigen auch die Anforderungen an die Baustoffe in Bezug auf deren Brennbarkeit. Der Hintergrund der steigenden Leistungsanforderungen ist, dass mit höherer Gebäudeklasse in der Regel mehr Personen von einem Brandereignis betroffen sind. Parallel steigen die Herausforderungen für die Feuerwehr im Brandfall, beispielsweise durch längere Zuwegungen, auf Grund der Gebäudehöhe.

Was ist ein Bauprodukt?

Unter Bauprodukten sind Produkte, Baustoffe, Bauteile und Anlagen sowie Bausätze zu verstehen, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden, oder aus Produkten, Baustoffen, Bauteilen sowie Bausätzen vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden, wie beispielsweise Fertighäuser, Fertiggaragen, vorgefertigte Holztafelbauwände, Brettschichtholzbalken oder Silos. Kurz und knapp, ein Bauprodukt kommt aus einem Herstellwerk fertig auf die Baustelle und wir nur noch verbaut.

Was ist ein Bausatz?

Mit Bausatz ist ein Bauprodukt gemeint, das von einem einzigen Hersteller als Satz von mindestens zwei getrennten Komponenten, die zusammengefügt werden müssen, um ins Bauwerk eingefügt zu werden, in Verkehr gebracht wird. Beispiel: Bausatz für Unterdecken, bestehend aus einer metallischen Unterkonstruktion, Befestigungselementen und Beplankung, die gemeinsam geprüft und als Einheit eines Herstellers in Verkehr gebracht werden.

Was ist eine Bauart?

Eine Bauart ist das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen oder Teilen von baulichen Anlagen, wie beispielsweise eine auf der Baustelle errichtete Trockenbauwand oder Mauerwerkswand.

Was ist der Feuerwiderstand?

Der Feuerwiderstand von Bauteilen (Wänden, Decken, etc.) wird durch drei Eigenschaften charakterisiert. Die Tragfähigkeit, den Raumabschluss und die Wärmedämmung.

Tragfähigkeit
Fähigkeit des Bauteils zum Widerstand unter mechanischer Einwirkung bei ein- oder mehrseitiger Brandbeanspruchung, ohne Verlust der Standsicherheit.

Raumabschluss
Fähigkeit des Bauteils mit raumtrennender Funktion (einseitige Brandbeanspruchung), den Durchtritt von Feuer und heißen Gasen zur brandabgewandten Seite für eine definierte Dauer zu verhindern.

Wärmedämmung
Fähigkeit des Bauteils bei einseitiger Brandbeanspruchung, den Übersprung des Feuers infolge signifikanter Wärmeübertragung von der Brandraumseite auf die abgekehrte Seite zu verhindern.

Der Feuerwiderstand gilt immer nur für das „ganze“ Bauteil, also z.B. eine Wand mit allen ihren Schichten. Daraus erschließt sich, dass es nicht beliebig möglich ist einen Feuerwiderstand eines Bauteils (Wand, Decke, etc.) lediglich durch eine Beplankung zu generieren, d.h. es gibt beispielsweise keine F-30 Platte.

Was bedeutet feuerhemmend?

Feuerhemmende Bauteile (Wände, Decken etc.) haben einen Feuerwiderstand von mindestens 30 Minuten. Feuerhemmende Bauteile können sowohl aus brennbaren als auch aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Die Verwendung von Holz und Holzwerkstoffen ist daher uneingeschränkt möglich. Dies schließt auch Konstruktionen mit brennbaren Dämmstoffen ein. Eingeordnet werden sie in die Klasse F 30-B bzw. REI 30.

Was bedeutet hochfeuerhemmend und was heißt abweichend zu hochfeuerhemmend aus brennbaren Baustoffen?

„Hochfeuerhemmend“ bedeutet Feuerwiderstand 60 min (REI 60 / F 60) sowie nichtbrennbare Dämmstoffe und eine brandschutztechnisch wirksame Bekleidung aus nichtbrennbaren Baustoffen mit Schutzzeit tch = 60 min. Unter diesen Voraussetzungen kann ausschließlich die Holztafelbauweise als hochfeuerhemmend gelten. Hintergrund ist § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 MBO: Bauteile mit tragenden bzw. aussteifenden Teilen aus brennbaren Baustoffen müssen allseitig eine nichtbrennbare Brandschutzbekleidung und nichtbrennbare Dämmstoffe aufweisen. Durch diese ausdrückliche Forderung nach nichtbrennbarer Dämmung ist Massivholz hier nicht umfasst. Man kann das fachlich diskutieren; wir folgen der geltenden Festlegung.

„Abweichend zu hochfeuerhemmend aus brennbaren Baustoffen“ umfasst alle Holzbauteile mit Feuerwiderstand 60 min (REI 60 / F60), die Bedingungen von  „hochfeuerhemmend“ nicht vollständig erfüllen, zum Beispiel Massivholz (mit oder ohne Bekleidung) oder Holztafelbau mit reduzierter Bekleidung. Rechtsgrundlage ist § 26 Abs. 2 Satz 4 MBO in Verbindung mit den eingeführten Technischen Baubestimmungen (MHolzBauRL)

Was bedeutet die Abkürzung tch bei Brandschutzbekleidungen?

tch bezeichnet die Schutzzeit einer Brandschutzbekleidung. Gemeint ist die Zeitspanne in Minuten bis zum Beginn des Abbrandes (≈ Erreichen von 300 °C hinter der Bekleidung) eines geschützten Holzbauteils. Definiert ist dies in der DIN EN 13501‑2.

Die MHolzBauRL erlaubt die Gleichsetzung „tch = K2“ bei gleicher Minutenangabe (z. B. tch 60 ↔ K260).

Was heißt brandschutztechnisch wirksame Bekleidung nach MHolzBauRL?

Das ist eine nichtbrennbare Bekleidung (z. B. Gipskartonfeuerschutzplatten Typ GKF/DF oder Gipsfaserplatten mit Rohdichte ≥ 1.100 kg/m³), die tragende und/oder raumabschließende Holzbauteile für die geforderte Schutzzeit (tch) vor Entzündung schützt. Wesentlich sind eine durchgängige Ausführung, regelkonforme Befestigung, korrekte Stöße/Fugen und geschottete Durchdringungen. Die Bekleidung darf bei REI‑Nachweisen brandschutztechnisch angerechnet werden.

Was bedeutet feuerbeständig und was heißt abweichend zu feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen?

„Feuerbeständig“ bedeutet Feuerwiderstand  90 min (REI 90 / F 90). Tragende und aussteifende Bauteile müssen dabei grundsätzlich nichtbrennbar sein; bei raumabschließenden Bauteilen ist eine durchgehende nichtbrennbare Schicht erforderlich. Holzbauteile sind brennbar und können daher bauordnungsrechtlich nicht „feuerbeständig“ sein.

„Abweichend zu feuerbeständig aus brennbaren Baustoffen“ bezeichnet Holzbauteile mit Feuerwiderstand REI 90, die nach § 26 Abs. 2 Satz 4 MBO zulässig sind, sofern die Technischen Baubestimmungen ( MHolzBauRL) eingehalten werden. Brandwände und Treppenraumwände in der Gebäudeklasse 5 sind hiervon ausgeschlossen und müssen somit auch weithin nichtbrennbar sein.

Was ist bei Anschlüssen und Fügungen zu beachten?

Entscheidend ist die Dichtheit. Anschlüsse, Elementstöße und Durchdringungen müssen so ausgebildet sein, dass keine Konvektionsströme durch Fugen oder Hohlräume entstehen und keine heißen Gase auf die brandabgewandte Seite gelangen. Der Feuerwiderstand gilt immer für das gesamte System; er ist nur so gut wie der schwächste Anschluss. Ob die Dichtheit durch überlappende/versetzte Bekleidungen, mineralische Hinterlegungen, dicht schließende Fugenlösungen, intumeszierende Dichtprofile oder geprüfte Elementfugen erreicht wird, hängt von Bauweise und Fugenmaß ab – zulässig ist, was die Konvektion zuverlässig und nachweislich unterbindet.

Rechtlich führt in Gebäudeklasse 4 & 5 der Regelweg über die MHolzBauRL. Sie enthält typische, anwendbare Anschluss‑ und Fugenlösungen sowie Anforderungen an Bekleidungen und Dämmstoffe, mit denen die notwendige Dichtheit und Feuerwiderstandsdauer systemgerecht hergestellt werden. Ein sehr praxistauglicher Überblick mit sauber gezeichneten Leitdetails, die die Vorgaben der MHolzBauRL 2024 anschaulich zeigen, findet sich im Heft „Leitdetails für Bauteilanschlüsse – Gebäudeklasse 4 und 5“ des Informationsdienst Holz: informationsdienst-holz.de/publikationen/leitdetails-fuer-bauteilanschluesse-gebaeudeklasse-4-und-5. Sind benötigte Anschlüsse in der Richtlinie nicht beschrieben oder weicht die Ausführung wesentlich ab, ist ein Anwendbarkeitsnachweis (aBG oder vBG) erforderlich. Nicht wesentliche Abweichungen sind nur dann zulässig, wenn die Leistungseigenschaft unverändert bleibt. Für rein feuerhemmende Bauteile können die geregelten Details nach DIN 4102‑4 herangezogen werden; ergänzend stehen die in Überarbeitung befindlichen Verfahren der EN 1995‑1‑2 zur Verfügung. Landesrechtliche Besonderheiten bleiben unberührt; maßgeblich sind die im jeweiligen Land eingeführten Technischen Baubestimmungen.

Was ist ein Verwendbarkeits- und was ein Anwendbarkeitsnachweis?

Ein Verwendbarkeitsnachweis beschreibt die Verwendbarkeit eines Bauprodukts.

Er weist nach, welche Leistungseigenschaften das jeweilige Produkt besitzt (z. B. Feuerwiderstand, Brandverhalten oder Tragfähigkeit) und unter welchen Bedingungen es eingesetzt werden darf. Der Nachweis bezieht sich immer auf das geprüfte Produkt in der angegebenen Ausführung (z. B. Aufbau, Befestigung, Dämmstoff).

Formen von Verwendbarkeitsnachweisen (für Bauprodukte):

  • Leistungserklärung (DoP)
  • Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)
  • Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)
  • Zustimmung im Einzelfall (ZiE)

Ein Anwendbarkeitsnachweis beschreibt dagegen die Anwendbarkeit einer Bauart, also einer aus mehreren Bauprodukten zusammengesetzten Konstruktion (z. B. Wand-, Decken- oder Fassadensystem).

Er legt fest, wie die Bauart ausgeführt werden muss und unter welchen Randbedingungen sie die bauordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllt.

Formen von Anwendbarkeitsnachweisen (für Bauarten):

  • Allgemeine Bauartgenehmigung (aBG)
  • Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)
  • Vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG)

Kurz gesagt: Der Verwendbarkeitsnachweis gilt für das Bauprodukt, der Anwendbarkeitsnachweis für die Bauart. Beide belegen, dass die gewählte Lösung bauordnungsrechtlich zulässig und technisch anwendbar ist.

Was versteht man unter dem Begriff einer nicht wesentlichen Abweichung?

Eine Abweichung ist dann nicht wesentlich, wenn zu einhundert Prozent sichergestellt werden kann, dass das betroffene Bauteil trotz der Veränderung noch genauso gut in Bezug auf seine Leistungseigenschaften ist, wie vor der Veränderung.

Frage: Wer trägt die Verantwortung für die nicht wesentliche Abweichung?

Antwort: Der Hersteller eines Bauprodukts oder der Anwender (Errichter) einer Bauart trägt für die nicht wesentliche Abweichung die Verantwortung. Die am Bau Beteiligten können im Projektverlauf eine Abweichung gegebenenfalls nicht akzeptieren, wodurch es zu längeren Bearbeitungsprozessen oder sogar zu baulichen Anpassungen kommen kann. Fazit: Die Bewertung, ob eine nicht wesentliche Abweichung zulässig ist, erfordert entsprechende fachliche Expertise.

Was ist eine Übereinstimmungsbestätigung?

Nach Fertigstellung der beauftragten Leistung schuldet der Unternehmer, Anwender bzw. Errichter dem Bauherrn und der Bauaufsichtsbehörde die Übereinstimmungsbestätigung (Übereinstimmungsnachweis). Dies gilt sowohl für Bauprodukte als auch für Bauarten.

Die Übereinstimmungsbestätigung ist der Nachweis, dass die realisierte Konstruktion (z. B. ein Bauprodukt wie eine vorgefertigte Holztafelbauwand) gemäß den Bestimmungen der Anwendbarkeitsnachweise oder der Verwendbarkeitsnachweise bzw. der einschlägigen technischen Regeln bei Bauprodukten, sowie nach den Technischen Baubestimmungen bei Bauarten, errichtet wurde. Sie stellt somit eine Bestätigung dar, dass das ausgeführte Bauteil dem geplanten und bauordnungsrechtlich geforderten Bauteil entspricht.

Für CE-gekennzeichnete Bauprodukte ist eine Übereinstimmungsbestätigung nicht erforderlich; hier wird lediglich die Leistungserklärung (Declaration of Performance, DoP) ausgehändigt.

Was ist bei einem Übereinstimmungszertifikat durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle (ÜZ) zu beachten und was ist eine PÜZ-Stelle?

Kapitel C 2 und C3 der MVV TB legt in Spalte 4 die Anforderungen fest, die an die Abgabe einer Übereinstimmungsbestätigung des Herstellers gestellt werden. Ist für Bauprodukte ein Übereinstimmungszertifikat durch eine anerkannte Zertifizierungsstelle (ÜZ) erforderlich, so ist eine Erstüberwachung des Bauproduktes im Herstellwerk einschließlich einer Produktprüfung durch eine anerkannte Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen (PÜZ-Stelle) vorgeschrieben. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen ein Verzeichnis der anerkannten PÜZ-Stellen. In jedem Herstellwerk ist die werkseigene Produktionskontrolle durch eine Fremdüberwachung regelmäßig, üblicherweise zweimal jährlich, zu überprüfen.

Im Anschluss muss eine regelmäßige Fremdüberwachung erfolgen. Im Rahmen der Fremdüberwachung wird überprüft ob die werkseigene Produktionskontrolle angewendet und dokumentiert wird. Weiter wird überprüft, ob im Unternehmen die personellen und ausstattungsmäßigen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Herstellung der Bauprodukte vorliegen. Ist dies alles erfüllt, so darf das Unternehmen das Bauprodukt mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) kennzeichnen und in den Verkehr bringen.

Welche Angaben muss das Übereinstimmungszeichen enthalten?

Nach der Muster-Übereinstimmungszeichen-Verordnung – (kurz MÜZVO) muss das Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) folgenden Angaben enthalten:

  • Name des Herstellers; zusätzlich das Herstellwerk, wenn der Name des Herstellers eine eindeutige Zuordnung des Bauprodukts zu dem Herstellwerk nicht ermöglicht.
  • Grundlage der Übereinstimmungsbestätigung (In Abhängigkeit des Produktes einer dieser Punkte zutreffend)
    • Kurzbezeichnung der für das geregelte Bauprodukt im Wesentlichen maßgebenden technischen Regel (z.B. DIN 1052),
    • die Bezeichnung für eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung als "Z" und deren Nummer (z.B. Z – 9.1-XXX),
    • die Bezeichnung für ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis als "P", dessen Nummer und die Bezeichnung der Prüfstelle (z.B. abP P-SAC-2/III-XX) oder
    • die Bezeichnung für eine Zustimmung im Einzelfall als "ZiE" und die Behörde (z.B. ZiE Nr. IIBX-XXX.XX-XXX/XX Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr).
  • Die für den Verwendungszweck wesentlichen Merkmale des Bauprodukts (z.B. F 30‑B)
  • Die Bezeichnung oder das Bildzeichen der Zertifizierungsstelle, wenn die Einschaltung einer Zertifizierungsstelle vorgeschrieben ist (z.B. MPA BAU TU München).

Herausgeber

Dr.-Ing. Thomas Engel
Dr.-Ing. Markus Lechner